Gaming-Eindrücke auf der zweiten EGX Berlin - pixelmonsters.de

Gaming-Eindrücke auf der zweiten EGX Berlin

von ComancheMan,

Heimspiel der kreativen Gaming-Szene

Anfang November fand in Berlin die zweite Eurogamer Expo Berlin statt, die sehr viel kleinere, aber auch sehr viel aufgeräumtere und erwachsenere Version einer deutschen Spielemesse.
Obwohl sie dieses Jahr noch etwas weniger Raum einnahm, war diese Messe doch wieder gut von den Hauptstädtern besucht. Zugkräftige Stargäste wie Hideo Kojima und diverse Streamer mögen dabei auch ihren Einfluss gehabt haben. Neben Fachpanels mit solchen Experten bot der Event die weiteren Bereiche Cosplay, Streaming, E-Sports sowie neue große und kleine Titel, so zum Beispiel Cyberpunk und Trine 4 zum Check.
Man kann hier mal den Rat an die Veranstalter loswerden, sich vielleicht ein bisschen mehr auf wenige dieser Themen zu fokussieren um dieser dann noch besser zu bespielen. Dann würde vielleicht auch sichtbar wohin man mit dem Konzept der EGX Berlin langfristig will. Dennoch ergab sich aus diesem Portfolio wieder ein spannender Mix.

Es gab diverse große Titel., die zu einem guten Teil schon erschienen waren oder sehr kurz davor sind, weswegen wir hier diese übergehen, u.a. zu Doom Eternal, GRID und das Resident Evil 2 Remake.
Highlight der großen Marken war dann sicher eine spielbare Demo zum Final Fantasy 7 Remake. Diese konnte mit beachtlicher Inszenierung, guter neuer Grafik und spannenden Echtzeitkämpfen mit Pausenfunktion aufwarten. Bei Vertonung und bestimmten grafischen Effekten (Could’s Haare!) muss sich Capcom aber nochmal ordentlich reinhängen.

Eigentliches Highlight neben den Panels sind auf der EGX Berlin sicher die gut ausgesuchten, handverlesenen Indies, die meist von den Entwicklern selbst gezeigt werden. Zwei besondere Perlen sind hervorheben:

Inkulinati ist ein rundenbasiertes Spiel, dass sich auf einer 2D-Spielebene abspielt, die im Stil mittelalterlicher Federzeichnungen dargestellt wird. Darauf tritt man als Herrscher an um mit seinen Untertanen den Gegner zu besiegen, recht ähnlich wie in Hearthstone oder Gwent. Nur sind die Untertanen Tierfiguren, welche beim Einsatz von einer menschlichen Hand auf das Pergament gezeichnet werden. Diese haben verschiedene Klassen wie Bogenschützen, Lanzenträger, Heiler usw. Inkulinati aus Osteuropa ist eine dieser kreativen Spielideen wie sie auch von einem Gamejam kommen könnten.
Und obwohl dieser kleine Strategietitel sich eigentlich schon fast zu zahm präsentierte, konnte er doch schnell Lust und Herausforderung wecken. Die KI war schon sehr clever und bedarf einigen Geschicks. Es dürfte aber gegen Freunde noch wesentlich gemeinere und spaßigere Duelle bieten. Eine Empfehlung fürs entspannte Chill-Out-Match wäre es sicher.

No Straight Roads ist ein musikbasiertes Action-Adventure mit buntem, expressionistischem Grafikstil. Als Indierock-Band-Duo Mayday und Zuke hat man das Ziel das böse EDM-Techno-Imperium No Straight Roads zu besiegen. Zuvor wurden die beiden bei einem Vorspielen von denen unfair rausgeworfen. Zudem haben sie schnell entdeckt, dass NSR auch fiese Intentionen hegt und ihre Stadt korrumpiert.
Soweit wir No Straight Roads gezeigt bekommen haben, gibt es in diesem relativ kurzen Action-Adventure keine richtigen Level, sondern nur acht sehr lange Bosskämpfe, die fast das gesamte Spiel ausmachen. Diese sind dafür aber sehr komplex und mehrstufig. Bekämpft werden die Gegner ebenfalls mit einem von Musik bestimmtem Gameplay. Mit ihren verschiedenen Instrumenten sowie diversen Fundgegenständen müssen sich Mayday und Zuke gegen die im Takt des aufwendigen Soundtracks angreifenden Gegnern erwehren. Beide sind dabei deutlich unterschiedlich spielbar und ergänzen sich doch stark. Ihre Gegner sind stark durchdesignte und lustig geschriebene arrogante Snobs, die mit ihren Riesenegos den ganzen Spielbildschirm überdecken.
Durchgehend spielt auch Humor und coole Musikersprüche eine große Rolle, wenn die beiden Spielerfiguren im Clash der verschiedenen Genres für ihr bessere Musik einstehen müssen. Die Levels bilden ebenfalls viele Genrekategorien ab.
No Straight Roads sollte dann im nächsten Jahr ein amüsanter, kurzweiliger Musikspass mit coolem Design werden, da haben wir wenig Zweifel dran. Am Gameplay wird sicher bis dahin auch noch abschließend verfeinert.

Eine weitere kleine Überraschung von den Panels war dann sogar noch die Präsentation einer ganz neuen Konsole, der Intellivision Amico.
Die günstige Konsole bedient sich des alten Markennamens ist aber eigentlich eher ein neues Gerät mit neuen Spielen von ganz alten Lizenzen und wird von ein paar Industrieveteranen rund um den Games-Musiker Tommy Tallarico (Video Games Live) entwickelt. Man versucht damit irgendwo zwischen Retro-Remake and neuer Familienplattform eine vermutete Marktlücke zu besetzen.
Es geht um einfache Spielkonzepte, die alle Fähigkeitenlevel an Personen im Haushalt und auch ältere Gamer ansprechen. Ob der Markt, den die Macher dort sehen, für den Erfolg ausreicht muss sich zeigen, da das auch vom richtigen und ausreichenden Marketing abhängen wird. Als Spiele bekommt man jedenfalls Einiges geboten: zum Start sollen 40 Spiele fertig sein, wovon fünf bereits in der Hardware integriert sind. Auch deutsche Studios beteiligen sich an der Entwicklung. Und von Ansatz her könnte Amico unserer Einschätzung nach auch interessant für studierende Spielemacher werden. Wenig weiß man allerdings darüber wie offen das System dann werden soll.
Die Konsolenhardware selbst hat ein modernes Retrodesign mit vielen, bunten Leuchtelementen und sieht dennoch solide aus. Sogar zwei Controller werden im Startbundle für unter 200€ dabei sein. Für noch mehr Spieler können sich per Smartphone einklinken.
Wir hoffen das Beste, dass dieses schöne Konzept Erfolg findet und nicht an zu einer wagen Selbstdefinition oder zu schmalen Marktchancen scheitert.

Zusammengefasst war die EGX Berlin 2019 erneut eine schöne, entspannte Erfahrung, die sich Gamer aus der Umgebung nicht entgehen lassen sollten. Mit einigen cleveren Anpassungen sollte dieses kleine Pflänzchen doch weiter gut gedeihen.