Willkommen zurück, Mid-Budget-Segment. Wo warst Du so lange?
Zusammen mit neuen Publishern wie 505 Games und Wired Productions zeigte sich mit dem jungen Publishing Label Private Division auf der diesjährigen Gamescom geradezu die Renaissance eines wiederkehrenden Mid-Budget-Bereichs. Diese Firmen mit ihren A- bis AA-Titeln heben sich deutlich vom Indie-Genre ab. Sie versuchen einen Mittelweg zwischen dessen unbändiger Kreativität und den von Kompromissen gleichförmigen gewordenen Großproduktionen zu finden. Für uns zeigten sich darin jedoch mit die interessantesten Produkte dieser Gamescom.
Am größten stellte der von Take 2 gegründete Publisher Private Division den Multiplayer-Shooter Disintegration vor, welcher auf der Gamescom Opening Night auch seine Weltpremiere hatte.
Disintegration stellt den Versuch des ehemaligen Halo-Miterfinders Marcus Leto dar dem Sci-Fi-Shooter-Genre einen neuen kreativen Spin zu geben. Er und seine dreißig Mitstreiter von V1 Interactive in Seattle haben sich das Ziel gesetzt mit wenig Ressourcen hochqualitative Games zu liefern, die sich mit der Spielbarkeit eines Destiny messen können. In Disintegration geht es jedoch um die nach einer Apokalypse übriggebliebenen Cyborg-Kämpfer mit menschlichen Gehirnen, die sich gegenseitig bekämpfen. Die Spieler kontrollieren dabei jeweils ganze kleine Squad am Boden, wobei der Spieler selbst direkt hinter diesen sie von einem schwebenden Gefährt, genannt Grav-Cycle, kontrolliert.
Ohne das zu sehr in Details gegangen wurde soll es in der Story um einen Widerstandskampf dieser Fight-Squads gegen eine neue Übermacht namens Rayonne gehen. Diese will alles übernehmen nachdem die Welt sowieso schon von Überbevölkerung, Nahrungsmangel und Krankheiten sowie katastrophalen Kriegen bis hin zur Fastauslöschung der Menschheit gebeutelt ist. Außerdem wollen die Rayonne auch den Rest der Menschen zum Transfer ihrer Gehirne in Robotersoldatenkörper zwingen um diese besser kontrollieren zu können.
Die Outlaws, denen der Spieler angehört, stellen die Gegenseite dar. Sie sind keine Supersoldaten und werden als normale Charaktere mit vielen leichten Sprüchen in der sehr guten Vertonung dargestellt.
Spielerisch hat sich V1 Interactive das Ziel gesetzt einen einzigartigen Shooter mit Echtzeittaktikeinschlag zu schaffen. Dabei soll die Ballerei natürlich trotzdem flüssig und spaßig von der Hand gehen. Apropos Hände, für diese haben sich die Entwickler auch ganz spezielles Konzept erdacht: Mit der rechten Hand soll man die typische Shooter-Eingaben steuern, während man mit der Linken die Taktik ausspielt. Damit das in einem erfolgreichen Spiel aufgeht, kommt es sehr auf die richtige Harmonie zwischen diesen zwei Anteilen an. Es dürfte zu früh sein, daraus abzuleiten, dass das Konzept überladen sein könnte.
Im Getümmel soll der Spieler zudem auch noch seine Einheiten kommandieren und eine gewisse Rotation dieser sicherstellen, so dass diese sich auch mal heilen können. Keine leichte Aufgabe!
Die Einheiten und die Grav-Cycles werden in verschiedenen Konfigurationen und Gestaltungen angeboten. Insbesondere in der Kampagne aber auch allgemein gibt man sich sichtlich Mühe die Einheiten und Charaktere identifizierbar, unterschiedlich und interessant zu gestalten. Man möchte, dass die Spieler nicht nur Kanonenfutter befehligen. Zudem zeigte man die Unterschiede der Units, die man entsprechend Spielstils und Klasse nach seinen Vorlieben wählen kann. So gibt es u.a. Tanks, Ronin (für Hinterhalte) und Störeinheiten. Diese können darüber hinaus weitreichend mit optischen Veränderungen verziert werden.
Für die Anspielsession zeigten uns die Entwickler eine Multiplayer-Karte in einem 5-gegen-5 aufgabenbasierten Modus. In jeweils zwei Runden sollten wir in einem Capture-the-Flag ähnlichen Modus Objekte durch die gegnerische Basis zu einem Launchpad befördern. Erfolge waren dabei sehr schwer zu erzielen, da von den Spielern auch viel Koordination verlangt ist.
Allgemein war unser Ersteindruck beim Spielen trotz guter Shooter-Mechaniken von Verwirrung und der Schwierigkeit dem dichten Geschehen zu folgen geprägt. Was aber deutlich schon funktionierte waren die cool und gut designten Klassen, deren Unterschiede wirklich zu fühlen waren. Das eigene Schießen hatte seine Schwierigkeiten auf den doch etwas wackeligen Grav-Cycles. Wenn man sich dran gewöhnte, waren aber präzise Abschüsse drin. Die Karte waren taktisch anspruchsvoll ausgelegt, sah schön verfallen aus und bot auch viele Verstecke. Die nötige Koordination mit den fremden Mitspielern auf der Messe klappte natürlich mal wieder wenig, so dass sich kaum Erfolge einstellten. Wer bei Disintegration nicht den Voice-Chat sinnvoll mit nutzt, geht eigentlich direkt unter. Für uns Altzocker ist doch eine große Umstellung. Die Einheiten auf dem Feld war meist kein langes Leben vergönnt, auch wenn einige Spezialwaffen eher langsam wirkten.
Wenn man Disintegration irgendwann besser verstanden hat, können wir uns schon vorstellen, dass es ähnlich Spaß wie Counter-Strike machen kann, wenn auch mit sehr anderem Gameplay.
Für diese sehr frühe Alpha-Version würden wir den Titel aber erstmal nur aufm Schirm und den Hype flach halten.
Zu den Hauptgründen unseres Termins bei Private Division gehörte aber eigentlich The Outer Worlds, das neue Singleplayer-RPG der ursprünglichen Fallout-Erfinder. Dazu gab es allerdings keine Anspielsession. Senior-Designerin Megan Starks sprach stattdessen mehr über die Möglichkeiten für den Spieler. The Outer Worlds spielt in der Zukunft am Rande des Universums. Fiese Konzerne haben dort ein ganzes Planetensystem gekauft und nach ihren Vorstellungen der Nutzbarkeitmachungen gebrandet. Der Spielercharakter war auf einem der beiden Schiffe auf dem Weg dorthin, nur leider war er auf dem Schiff was verschollen ist, die Hope. Viele Jahren nachdem man nur gefroren im Weltall trieb ist man nun in dem System angekommen und das Spiel zielt darauf ab, dass man die Geheimnisse des Aufsichtsrats enthüllt und die Hope wiederfindet. Mit Unterstützung eines Outlaw-Wissenschaftlers soll man zudem den Planeten Halcyion vom Unternehmen retten. Oder aber man kann sich auch dazu entschließen, den Aufsichtsrat zu unterstützen und der bösen Seite beizutreten. Oder man verweigert einfach beides und spielt als Unabhängiger.
Abgerundet wurde die Präsentation mit einem lustigen Trailer vom Aufsichtsrat warum man sie unterstützen sollte. Der Film zeigte auch die vielen Optionen auf den Planeten im System, sowie Karrieren und dass man eine hohe Anzahl an Waffenoptionen spielen können wird, wenn wohl auch nicht ganz so viele wie in Borderlands.
The Outer Worlds erscheint bereits am 25. Oktober und sieht immer noch vielversprechend aus.
Neben dem Urzeit-Survival-Spiel Ancestors, welches direkt nach der Gamescom erschien zeigt Private Division in der Session dann Details zur Überraschungsankündigung der Messe: Kerbal Space Programm 2. Einführt mit einem der wohl witzigsten Trailer seit langem sprach man darüber was Kerbal doch für ein Traumprojekt ist, da es erlaubt die Welt besser zu machen indem man das Faszination für die Wissenschaft wieder weckt.
In der Raketenbausimulation mit den lustigen kleinen grünen Kerbals will man diesmal allerdings wesentlich zugänglicher sein, so dass man auch ohne Internethilfe weiterkommen kann. Zudem geht es nun nicht mehr nur darum es aus der Erdatmosphäre zu schaffen.
Man hat nun danach die Aufgabe zum Mun zu fliegen, dem Kerbal-Mond. Dieser wurde wirklich sehr realistisch eingefangen und Zufallserstellung sorgt dafür, dass alle möglichen Landeplätze einzigartig sein werden. Hat man das geschafft, kann man sogar noch weiter: man kann planetarische Stationen bauen, sogar welche im Orbit von Gasplaneten. Und letztlich ist das große Endziel der Bau eines interstellaren Raumschiffs für die Reise ins nächste Sonnensystem. Bis dahin darf aber, typisch Kerbal, wieder sehr viel ausprobiert, getestet und versagt werden.
Im Prinzip hat man bei Kerbal 2 fast kein Stein auf dem anderen gelassen. Das Spiel soll zugänglicher gestaltet sein, die Interfaces sind verfeinert und haben mehr Möglichkeiten, es gibt neue Planungsansichten, mehr Tutorials, neue Technologien und Antriebe sowie bessere Grafik. Diese zeigt an kritischen Momenten sogar große Heldenmomente mit schönen Sound- und visuellen Effekten. Im Prinzip tut man alles dafür, dass Ausprobieren und Versagen wieder richtig Spaß machen. Aber man achtet auch drauf, dass alle Wege immer noch mit der echten Wissenschaft verwurzelt sind wozu man auch echt Experten zu Rate zieht. Wen das noch nicht reicht kann auch erkunden gehen um Schätze zu entdecken.
Vielleicht geht es Euch damit wie uns und es erzeugt nun richtig Interesse endlich herauszufinden, was es mit dem Kerbal-Indie-Hype auf sich hat. Solch positive Spiele findet man doch eher zu selten.