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Gamescom - Devolver Line-Up

von ComancheMan,

Die große, bunte Tüte Vorzeige-Indies

Immer wieder ein Highlight wenn man von den großen Publishern und ihren immer gleichen Fortsetzungen genervt ist, ist das Programm von Devolver. Der mittlerweile gut etablierte Indie-Publisher baut sein abgedrehtes Angebot von Jahr zu Jahr mehr aus und stößt dabei ab und zu auch schon mal in die Kategorie kleinerer A bis AA-Budget-Produktionen vor.

Dieses Jahr konnten wir auf der Gamescom fast alle Titel des diesjährigen Line-Ups ansehen.

My Friend Pietro
Das My Friend Pietro mal aus einen Flashspiel entstand mag man gar nicht so recht glauben können. Dass der auf der E3 vorgestellte Titel allerdings von jemanden gemacht wird, der viele Jahre bei Media Molecule an mehreren Teilen Little Big Planet mitarbeitete, schon. Entwickler Viktor von Deadtoast verließ die Kreativschmiede 2013 und nahm die besten Einflüsse um sich im Indie-Bereich zu versuchen.

Und nachdem die erste Version von My Friend Pietro gut ankam, versuchte er es mal mit einer Nicht-Flash-Version und mit Devolver. Nach dreieinhalb Jahren Entwicklung hatte Viktor dann dieses Jahr auch wirklich was Schönes vorzuweisen. Und spätestens nach der durchgedrehten E3-Trailershow war der Hype für das Spiel voll da.

My Friend Pietro ist ein Sidescroller-Brawler mit Waffen. Der Protagonist sieht aus als hätte jemand von Media Molecule Deadpool erfunden und das Spiel könnte auch eine überlange Actionszene aus einem Deadpool-Film sein. Zur Story ist eigentlich sonst nicht viel mehr bekannt außer dass es um die Freundschaft des Protagonisten mit einer sprechenden Banane geht, die ihm Befehle gibt. Was schon zeigt in welche abgedrehte Richtung es hier geht.

Im Spiel ballert sich der Charakter in ballett-artigen, an asiatischen Kampfsportfilmen orientierten Bewegungsabläufen durch die Levels, die die Unterwelt einer typischen amerikanischen Metropole abbilden. Dabei dreht er Pirouetten, springt wild durch die Ebenen und ballert auch mal mit zwei Pistolen wild in beide Richtungen. Die Gegner sind hart und verzeihen wenig und so ist das Ziel möglichst elegant durch die Horden zu kommen. Eine große Hilfe dabei ist die einschaltbare Zeitlupe, die man sehr schnell zur Verfügung hat. Dadurch wird das Spiel dann noch schöner und inszenierter. Der Gewaltgrad kommt dabei auch überhaupt nicht zu kurz und trägt zur Absurdität bei.
Gesteuert kann mit Pad oder Maus, wobei der Entwickler selbst die präzisere Maus bevorzugt empfiehlt. Im Tutorial und einigen späteren Levels, die wir sehen und spielen durften, funktionierte das schon sehr gut und machte richtig Spaß. Die Steuerung war jetzt schon präzise und die Kontrolle war flüssig und schnell möglich.

Mit etwas mehr Feintuning könnte Devolver hier eine Art neues Hotline: Miami als Sidescroller in den Händen haben und den Spielern mal wieder “funny Bloodshead” bieten.

The Messenger
Dieser Titel kam schon kurz nach der Gamescom am 30.08. raus. Da für einen Test bisher keine Zeit war, geben wir einfach mal unsere Eindrücke von der Messe wieder.

The Messenger ist ein Ninja-Action-Platformer im 8bit-Pixel-Look, der auf dem ersten Blick zunächst relativ generisch aussieht. Eine Eigenheit, die man direkt bemerkt, dürfte die Sprungmechanik sein. Da es hier keinen Doppelsprung gibt, kann man durch schlagen kleine Wolken erzeugen auf die man dann wieder springen kann. Versierte Spieler können laut Entwickler so wohl unendlich lange in der Luft bleiben.
Diese Entwickler sind übrigens aus Quebec City in Kanada und haben eigentlich alle schon viel Erfahrung mit Games-Entwicklung, in dieser Firma ist das jedoch ihr Debüt. Ihr Anspruch mit The Messenger ist es eine klassische Hommage ans Nintendo NES zu veröffentlichen, wo selbst die Chiptune-Musik wie damals klingt und fast dieselbe eingeschränkte Farbpalette zum Einsatz kommt. Beim Gameplay wollen sie aber schon die modernen Erkenntnisse aufnehmen; sie sind sich bewusst, dass viele keine Spaß mehr daran haben nach drei verlorenen Leben von vorn zu beginnen. Bei der Steuerung kann sagen, dass der Titel knackige Eingaben mitbringt und dass Titel so aufgebaut ist immer das Momentum des Spielers aufrechtzuerhalten.

Nach circa 4-5 Stunden im Spiel kommt dann endlich der Punkt, wo The Messenger seine besondere Eigenheit ausspielt: Nachdem es bis dahin ein traditioneller, linearer Plattformer war findet eine Zeitreise von 500 Jahren statt wo die Spielerfigur dann ein Meisterninja ist und man in der 16bit-Ära ankommt. Dort ist dann dementsprechend alles anders und dieser Generation angepasst. Das gilt auch für das Gameplay, was sich dann plötzlich in ein Metroidvania verwandelt, wo man dann auch mal eine Karte erhält. Mit den neu erlernten Fähigkeiten sind für den Spieler dann ganz neue Möglichkeiten gegeben und andere Wege erreichbar. Es wird von da an auch immer mal per Übergang zwischen den Generationen gewechselt werden können, da beide “Versionen” des Spiel immer komplett mitlaufen. Dieser Ansatz dürfte vor allem Retro-Fan aller Generationen begeistern.

Ebenfalls herausstehend ist bei The Messenger die Händlerfigur, die die komplette Reise begleitet. Durch ihn schaffen die Machen es immer wieder ihren guten Humor per Dialog ins Spiel einzubringen. Der Händler hat immer unendliche viele Geschichten zu erzählen und nimmt dabei die Spielerfigur auch konsequent oft aufs Korn. Das geht soweit, dass sich der Händler über dessen bei ihm gekaufte Kleidung lustig macht. Ähnlich versuchen sich auch die Macher mit ihrem Bossdesigns etwas über die Genrekonventionen lustig zu machen.
Für uns sah The Messenger wie ein wirklich rundes Produkt aus, dass die ganze Retroliebe aktuell mit dem nötigen Augenzwinkern aufgreift und einen humorigen Titel mit exzellentem Design und super Retro-Musik abliefert. Es ist in jedem Fall eine Empfehlung wert für alle die sich gerne an ihre alten Nintendo-Zeiten erinnern.

Apeout
Neben dem Spiel Gris war Apeout das andere künstlerische stark hervorstehende Spiel bei Devolver. Es handelt sich dabei Top-Down Gun-Runner, nur das man keine Waffen hat. … und ein Gorilla ist.
Wie der Titel andeutet geht um einen ausbrechenden Affen. Dieser prügelt sich ähnlich wie in Hotline: Miami sehr blutig durch Levels, die hier teils zufallsgeneriert sind, um seiner Gefangenschaft zu entkommen. Das es ganz ohne Waffen ist, stimmt nicht ganz, da der Affe sich Polizisten als Schutz für sich selbst greifen kann, welche dann aus der Position des Spielers mit ihre Waffe auf die Gegner schießen. Aber meistens schlägt er die Gegner einfach zu Brei.

Dass das nicht komplett ekelhaft aussieht, liegt vor allem am grafischen Konzept. Alle Levels präsentieren sich jeweils in einem auf 4-5 Farben reduziertem Schema. Darüber liegt ein dicker Dreckfilter, damit alles etwas wie nach einem alten Film aussieht.
Zusammen mit dem Musikkonzept erwächst sich das daraus ein tolles immersives und spaßiges Spiel mit viel Flow. Die Musik besteht nämlich nur aus einem Drumset, dass in einer jazzartigen Freestyle-Session gespielt wird und sich zudem dynamisch dem Tempo des Spielers anzupassen schien. Alle Levels verfolgen darüber hinaus Themen wie von alten Musikalben.

Beim Anspielen hatte uns Apeout ziemlich schnell an der Nadel die Levels möglichst perfekt und gut durchzuprügeln. Zusätzlich wird der Titel auch einen Arcade-Mode bieten, mit dem man seine Highscores messen und vergleichen kann.

Auch wenn Apeout vielleicht nicht das längste und tiefste Spiel ist, ist es dennoch so eingänglich, dass es vielleicht eines der nächsten, coolen Partyspiele bei kreativen Menschen sein könnte. Wir fanden es zumindest sehr empfehlenswert.

Gris
Gris war eines der optisch ansprechendsten Titel der ganzen Gamescom 2018. Und auch eines der Entspannendsten, was wirklich mal nötig war beim Messestress.
Die Entwickler Nomada Studios aus Barcelona haben eher ein Kunst-Design-Hintergrund. So war das Gameplay auch eher ein simpler Puzzleplatformer, in dem man im gezeigten Abschnitt hauptsächlich nach oben aus dem Level hinaus musste, was aber wohl nicht bei allen Levels so ist.

Besonders ist bei Gris eher die Story und das Grafikdesign: Es geht um Gris, ein junges Mädchen, dass sich einen Weg aus seiner eigenen Gedankenwelt finden muss nachdem sie eine sehr schmerzhafte Lebenserfahrung hatte. Das Spiel repräsentiert ihre Reise durch eine Zeit voller Kummer. Ihr Outfit dient als Repräsentation neuer Fähigkeiten, die sie dabei gewinnt, welches ihr aber auch neue Pfade freigibt. Mit ihrer emotionalen Reise sieht sie dann auch die anfangs sehr blasse Wirklichkeit immer mehr mit anderen Augen, ihre Welt und Level werden langsam wieder bunter.

Diese Welt und deren Gestaltung ist dann auch der eigentliche Star von Gris. Die Levels sind in einem illustrativen, filigranem Stil gehalten wie man sie in modernem Grafikdesign oft findet. Die Farben sind leuchtend aber in einem sanften Wasserfarbenstil gehalten. Und es bewegen sich auch viele Elemente im Hintergrund in sanften, natürlichen Animationen.
Obwohl es wohl wenig Gefahren und Tode gibt, wurde uns dennoch zumindest ein größerer Gegner gezeigt: ein riesiger, großer Vogel, der Gris immer wieder mit Windattacken zurückhalten wollte.

Die beruhigende und wunderschöne Kaffeehaus- oder Naturakustikmusik tat ihr Übriges um uns von Gris einlullen zu lassen. Das alles macht für uns zum perfekten Spiel für stressige Zeiten zum Runterkommen oder für kurz vorn Schlafengehen.
Wir haben uns zudem ein bisschen in Gris verliebt.