Zu viele augmentierte Optionen? Nah, auf gar keinen Fall!
Das von Vornherein ziemlich sicher feststehende Highlight der diesjährigen Gamescom war angesichts der zurückhaltenden Konkurrenz wieder Cyberpunk 2077 mit seiner neuen 45 Minuten Gameplay-Demo. Die Frage war vielmehr nur noch werden die Polen von CD Projekt Red den Hype noch weiter ins Unendliche schrauben können und was sie zeigen würden.
Dieses Mal sollte der Präsentationsfokus vor allem beim Leveldesign und den verschiedenen Lösungswegen unterschiedlicher Charaktergestaltungen liegen. Die gezeigten Abschnitte stammten deshalb aus der Mitte der Story, wo Hauptfigur V bereits ziemlich gut mit Upgrades ausgestattet ist und wo auch nebenbei recht viele Story-Hintergründe preisgaben wurden. So erfuhren wir, dass V in diesem Part mit einem Biochip implantiert ist, der Geheimnisse über Langlebigkeit enthalten könnte und ziemlich wichtig werden soll. Auch wird V hier bereits immer mal wieder vom digitalen Geist des Musikers Johnny Silverhand, gespielt von Keanu Reeves, verfolgt.
Der Chip dient als Spur zu dem in der Demo gezeigten Abschnitt. Er stellt eine Verbindung zur Voodoo-Boys-Gang mit ihrer Anführerin Brigitte dar, die V deswegen treffen will. Der Kontakt zu den kreolischen Voodoos führt in das sehr kreativ gestaltete Stadtgebiet Pacifica von Night City, eines von insgesamt sechs Gebieten, die eine kleinere aber dichtere Welt als noch bei Witcher 3 ergeben sollen.
Pacifica präsentiert sich als gescheitertes Tourismusimmobilienprojekt das von Outlaws und Gangs übernommen wurde. Viele der Hotelwolkenkratzer sind unfertig zurückgeblieben, so auch der spätere Hauptteil der gezeigten Welt, das kaputte Einkaufszentrum von Pacifica, GIM. Diese Gegend wurde als allgemein sehr gefährlich bezeichnet, selbst für Night City.
Vor Beginn der eigentlichen Mission wurde noch einmal auf die Charakterverwaltung eingegangen und betont, dass diese möglichst viele Freiheit erlauben soll, was dem Gezeigten entsprechend glaubhaft erschien.
Im ersten Abschnitt, galt es für V zunächst den Kontakt zum Voodoo-Boy Placide herzustellen, der in der ekeligen Hinterzimmerfleischerei einer Kapelle seinem Werk an Ersatzfleischprodukten nachgeht. In den Dialogen mit ihm kommt eine praktische Live-Übersetzungsaugmentierung zum Einsatz, die die Fremdsprache Kreolisch für V erst verständlich macht. Placide schickt V in das ehemalige Center GIM, wo die Animals-Gang ihr Hauptquartier aufgeschlagen hat. Die Animals sind unentwegte Muskelpumper, was sie zu gefährlichen Nahkämpfern macht.
Auf dem Weg zum GIM muss sich V also erstmal entsprechend ausstatten, was einen Einblick ins simple und hübsche Inventar bedeutete. Placide klingt sich nebenbei auch noch in V’s digitale Systeme ein, damit er während der Mission mit V verbunden bleibt. Der Weg zum GIM durch Pacificas verdreckte Straßen wurde stilecht auf dem Akira-ähnlichen Hyperbike mit Radiosendermusik zurückgelegt. Dieser Transfer gab Möglichkeit den volldynamischen Tag-und-Nachtzyklus der wunderbar detaillierten Zukunftsstadt zu demonstrieren.
Endlich im GIM ankommen wurde mehrfach mit kleinen Rücksprüngen verschiedene Missionsansätze der möglichen Charaktergestaltungen gezeigt. So gab es eine stark auf künstliche Muskelkraft ausgerichtete V, die Türen aufreißt und mit schweren Maschinengewehrtürme offensiv ins Gefecht geht oder eine Hackerausrichtung, die mehr im digitalen Geheimen agiert. Doch auch dieser Ansatz hat mit Gegenwehr feindlicher Netrunner zu rechnen, die die Systeme des Areals gegen V manipulieren. Immerhin kann man so noch mit Cyberware-Demon-Software Gegner manipulieren, sodass ihre Systeme sie selbst ausschalten.
Als “End”-Gegner der Demo gelangte V dann letztlich mit Animal-Anführer Sasquatch aneinander, einer massiven 2-Meter-Frau mit Muskeln wie Fleischberge und zudem ausgestattet mit einer Riesen-Hammerwaffe in deren Radius man nicht geraten wollte. Aber auch sie hatte eine schwache Elektronikstelle am Rücken über die sie dann doch effizient zu erledigen war. Auch hier hätte es wieder verschiedene Möglichkeiten zum Besiegen gegeben.
Nach einem langen Ausfall von V’s Bewusstseinssystemen in Folge des Kampfes endet die Demo schließlich mit der Konfrontation des gegnerischen Netrunners, der die ganze Zeit über nervte und jetzt wenigstens den Zugang zur Voodoo-Boys-Anführerin Brigitte freigibt. Über Brigitte soll dann weiter nach Ende der Demo der Kontakt zur legendären, vor 50 Jahren verschwundenen ersten Netrunnerin Alt Cummingham passieren, was zusammen mit V’s mysteriösen Chip im Kopf spannende weitere Missionen verspricht.
Die neue Cyberpunk 2077 Demo der diesjährigen Messe zeigt uns einmal mehr wie wahnsinnig, und auch wahnsinnig gut und detailliert das Spiel werden wird. Die Charaktere sind genauso spannend wie damals beim Witcher gestaltet und das dunkle Zukunftsszenario erlaubt noch viel mehr kreativen Freiraum und subtile Warnungen über die menschliche Entwicklung.
Erzählerisch und bei der spielerischen Freiheit dürfte Cyberpunk 2077 wenn nicht ganz neue Rollenspielmaßstäbe setzen diese doch zumindest sicher erreichen. Grafisch überzeugte die Demo dieses Jahr zwar ebenfalls mit ihren Details und der wunderbar bunten Sci-Fi-Farbgestaltung. Technisch ist aber seit der letztjährigen Demo kein großer Sprung mehr auszumachen und das Spiel muss jetzt auch wirklich bald erscheinen um noch zeitgemäß für die neuen Konsolen zu sein. Anderseits hat CD Projekt Red ja auch ihre bisherigen Titel meist noch viele Jahre weiter verbessert.
Für den Redakteur hier ist der Hype damit weiterhin auf dem sehr hohen Level geblieben, wurde aber nicht nochmals weiter aufgebläht. Ich bin mir sehr sicher, dass Cyberpunk 2077 die meisten seiner exorbitanten Erwartungen zumindest gut erfüllen wird. Die restliche Wartezeit wird aber noch zäh.