Was hatte das für eine Aufregung in Deutschland verursacht: Tom Cruise macht einen Film über den deutschen Widerstand gegen die Nationalsozialisten! Die heimische Presse war schon vor Veröffentlichung bzw. schon vor Drehstart voll von Ressentiments dagegen. Nebenbei gab es noch kleine Skandalchen um Dreharbeiten an Originalschauplätzen, verletzte Komparsen und zerstörte Filmrollen. Jetzt ist der Film veröffentlicht, nun zählt nur noch Qualität.
Die bekannte und unkompliziert präsentierte Geschichte beginnt im April 1943 in Nordafrika beim deutschen Panzerkorps. Der dynamisch, aber systemkritische Wehrmachtsoffizier Claus Schenk Graf von Stauffenberg (Cruise) wird durch seinen Aufenthalt an der Front Opfer der kaltblütigen Nazi-Militärpolitik und bei einem Alliierten-Luftangriff sehr schwer verletzt. Zurück in Deutschland schließt er sich aus Gewissensgründen einer Widerstandsgruppe um Generalmajor von Treskow (Kenneth Branagh) und General Olbricht (Bill Nighy) an. Diese Gruppe hat es sich zum Ziel gesetzt Adolf Hitler durch einen Anschlag zu töten, um den Untergang des deutschen Reiches in Folge des desaströs verlaufenden Weltkriegs zu verhindern. Von Treskow hat allerdings bereits einen misslungenen Anschlag versucht und wird überdies kurz danach an die Ostfront versetzt. Da somit ein neuer militärischer Kopf der Gruppe nötig wird, übernimmt Stauffenberg selbst die Initiative, zumal er auch einer der Wenigen mit direktem Zugang zum Führer ist.
Mittel zum Staatsstreich ist der namensgebende „Walküre“-Befehl. Stauffenberg selbst ändert diesen und lässt ihn von Hitler absegnen, was allerdings historisch wohl unkorrekt ist. Obwohl dieser Befehl eigentlich zum Schutz der Reichsoberhäupter dienen soll, können die Widerstandskämpfer ihn nutzen. Nur damit kann durch Nutzung des Reserveheers unter dem nicht eingeweihtem Major Remer (Thomas Kretschmann) die SS beim Coup ausgeschaltet werden. Stauffenberg gelingt es zwar den Anschlag in Ostpreußen mit einer Tasche voll Sprengstoff bei einer Militärbesprechung durchzuführen. Dass das Attentat wegen diverser widriger Umstände trotzdem glimpflich für den Diktator Deutschlands ausgeht, sollte dann aber niemanden mehr überraschen oder gar das Interesse am Film nehmen.
Nachdem der Misserfolg allmählich immer klarer wird, werden die Verschwörer schließlich zu gesuchten Verbrechern im Reich. Nach ihrer Festsetzung werden allerdings nicht nur sie sondern auch ihre aus dem Weg geräumten Vorgesetzten teils erst später zum Tode verurteilt. Obwohl Hitler die Gruppe ausdrücklich lebend wollte, beschließen die nun wieder verantwortlichen Offiziere für den Kern der Verschwörer eine schnelle standrechtliche Erschießung. Der Film lässt dabei offen, ob sie dies so durchführten, um eine gewisse Restehre der Soldaten zu bewahren.
Die größte strukturelle Neuerung, die Bryan Singer mit seiner Neuinterpretation umsetzt, ist wohl die sehr klare Konstruktion der Geschichte als geradlinigen Thriller. Das überrascht insofern, dass es unwahrscheinlich erscheint, dass er die für einen Thriller nötige Spannung erzeugen kann, obwohl der Ausgang der Geschichte schon bekannt ist. Beachtlich ist, dass nichtsdestotrotz die meiste Zeit über eine gewisse Grundspannung erzeugt werden kann. Allerdings wird diese auch kaum gesteigert, anfangs ist „Operation Walküre“ fast eher etwas zu zäh.
Die zweite wichtige Säule des Films sind seine Schauspieler. Im Gegensatz zum Marketing ist das alles keine Tom-Cruise-One-Man-Show, sondern ein großer Ensemblefilm. Neben dem Superstar setzt man auf eine ganze Reihe verdienter, größtenteils britischer Schauspieler. In vielen Szenen entsteht gar der Eindruck, eine Crew älterer britischer Gentleman versucht sich daran gealterte deutsche Offiziere nachzustellen. Das täuscht aber, da die Produktion auch viele deutsche Darsteller beschäftigte. Christian Berkel, Thomas Kretschmann und Matthias Schweighöfer füllen so die dynamischeren Offiziersrollen. Berkel und Kretschmann brauchen sich dabei auch überhaupt nicht vor ihren renommierteren Kollegen zu verstecken, Schweighöfer hingegen wirkt eher deplaziert. Was Tom Cruise selbst angeht, so spielt er teilweise unentschieden, bisweilen gar flach, aber im Gesamtfilm leider auch nur solide. Sein Stauffenberg lässt eine größere dramaturgische Tiefe vermissen. Das muss man allerdings auch nicht ausschließlich seiner Schauspielqualität zurechnen, genauso lässt sich die Ursache dafür im Drehbuch verorten. Vielleicht wäre durch etwas weniger Ensemble-Spiel und etwas mehr Soldaten-Porträt nicht nur der Film emotional stärker geworden, sondern er hätte auch in der Bewertung der Deutschen gewonnen.
Nicht nur beim Schauspiel bekommt man das Gefühl, dass die historische Genauigkeit und Detailverliebtheit ein bisschen die Kernproblematik der Produktion darstellten. Zwar war man sich bewusst, dass man es echten Historikern wohl nie wirklich recht machen können wird. Dennoch erreicht man eine vergleichweise sehr hohe Faktentreue von geschätzt über 95%, welche trotzdem als Bürde wirkt. Daraus leitet sich nämlich auch eine gewisse Verklemmtheit der Macher ab, die dem Film subtil leider immer noch anzumerken ist. Die ganze Inszenierung wirkt einigermaßen steif und die drehbucheigene Dramaturgie ist zu wenig selbstsicher.
Was die Ausstattung im Allgemeinen allerdings angeht, so muss dieser jedoch hohe Bewunderung gezollt werden. Nicht nur die Kostüme sehen richtig gut aus, vor allem die zahlreichen Außenlocations sind sehr detailliert und gut ausgesucht. Die stille, gewaltige Präsens einiger großer Berliner Gebäude läst selbst die Originalkulisse des Bendlerblock-Innenhofs nur durchschnittlich beeindruckend erscheinen. Und das obwohl sie beim Dreh den Machern so unglaublich wichtig war.
Die für ein Filmgefühl so relevanten Teilaspekte von Schnitt und Musik sind ebenfalls gelungen. Beides ist präsent und stark spannungsbezogen bzw. –fördernd, aber nie aufdringlich oder zu dominant, wie es der Schnitt derzeit sooft bei Actionfilmen ist. Genauso zurückhaltend wurden dankenswerterweise Effekte eingesetzt. Die notwendigen Elemente sind größtenteils real gefilmt worden, lediglich die verstümmelte Hand Stauffenbergs, sowie einige wenige Gebäudeansichten sind digital erzeugt.