Der seltsame Fall des Benjamin Button: Der gewöhnliche Fall des Benjamin Button. - pixelmonsters.de
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Der seltsame Fall des Benjamin Button

von nEon,

New Orleans im August 2005. Am Himmel bilden sich die Vorboten des Hurrikan Katrina . Die Bäume winden sich stark im Sturm und der Regen peitscht gegen das Fenster des örtlichen Krankenhauses. Hier liegt eine alte Frau namens Daisy (Cate Blanchett) im Sterbebett. An ihrer Seite ihr einziges Kind Caroline (Julia Ormond). Daisy ist alt, gebrechlich und blickt auf ein erfülltes Leben zurück. Ihr letzter Wunsch ist es die Stimme ihrer Tochter zu hören und somit bittet sie Caroline das Tagebuch eines gewissen Benjamin Button vorzutragen. Sie beginnt zu lesen.

Mein Name ist Benjamin Button...

Benjamin wird gegen Ende des ersten Weltkrieges in New Orleans geboren. Kurz nach seiner Geburt stirbt seine Mutter an den schweren Verletzungen der Entbindung. Thomas Button, sein Vater und Knopfhersteller, kommt zu spät zu Benjamin's Geburt und findet seine geliebte Frau Caroline (Joeanna Sayler) nur noch verstorben vor. In Trauer und Zorn flieht Thomas mit dem Neugeborenen und setzt es vor einem Altenheim aus. Hier stolpert Queenie (Taraji P. Henson) über das Kind und nimmt es bei sich auf. Das Traurige und Seltsame an diesem Baby ist, dass es die Symptome und Gebrechen eines alten Mannes besitzt. Die Haut ist ausgetrocknet, voller Altersflecken überseht, seine Knochen sind alt und gebrechlich. Seine kaum vorhandenen Haare sind grau und seine Sehkraft ist dem grauem Star erlegen. Trotz seiner Gebrechen und im Glauben, dass das Kind nicht mehr viel Zeit hat, nimmt Queenie das Kind auf und gibt ihm den Namen Benjamin.

"Benjamin, Du bist ein Kind Gottes." sagte Sie immerzu.

Die Jahre verstreichen und Benjamin (Brad Pitt) lebt. Er erlebt diese Zeit intensiv, ist dennoch für sich allein und er hört immer wieder von den anderen "erwachsenen" Menschen, dass es ein Wunder ist, dass er immer noch lebt. Haben doch alle mit dem baldigem Tod von Benjamin gerechnet.  Zwar ist er äußerlich ein alter Greis. Doch innerlich ist Benjamin verspielt, da er ja immer noch ein heranwachsendes Kind ist. Trotz alledem vegetiert er wie ein alter Mensch vor sich dahin, ist durch seine Bewegungsunfähigkeit an den Rollstuhl gefesselt und  lauscht, während die Kinder um Ihm herum spielen und toben, auf der Veranda des Altenheims den alten Menschen und ihren Geschichten. Hierbei lernt Benjamin zum ersten Mal, was es heißt Abschied zu nehmen. Während sich in Benjamins Gegenwart alles verändert und älter wird, regeneriert sich sein Körper und er wird mit den Jahren immer jünger. Erst als Benjamin anfängt zu laufen, erkundet er wie ein kleines Kind seine Umgebung. Mit geschätzten 12 Jahren lernt er dann das Mädchen Daisy kennen und verliebt sich augenblicklich in sie auch ohne die nähere Bedeutung von Liebe zu kennen. Trotz der Verbundenheit zu Daisy zieht es Benjamin in die große weite Welt. Dennoch ist die Liebe zu Daisy eine Liebe, die über Jahrzehnte andauern wird.

Die Geschichte des Benjamin Button basiert auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von F. Scott Fitzgerald, die 1921 im Colliers-Magazin publiziert wurde. Lange galt der Stoff als unverfilmbar, da es doch einen großen Aufwand darstellt einen alten Menschen plausibel jünger werden zu lassen. 2006 konnte sich David Fincher für den Stoff begeistern und lies von Eric Roth (Drehbuch von Forrest Gump und The Insider) und Robin Swicord (Die Geisha) das Drehbuch zu Benjamin Button verfassen. Handwerklich und von der Machart her erinnert Finchers Werk sehr an das Biopic Forrest Gump aus dem Jahre 1994. Dies ist auch kein Wunder. So schriebt Eric Roth für beide Filme das Drehbuch und erhielt 1995 den Oscar für Forrest Gump in der Kategorie "Bestes adaptiertes Drehbuch".

Wie schon erwähnt ist Benjamin Button im Großen und Ganzen erst einmal handwerklich ein hervorragender Film.  Hier wird Szene für Szene in ein realistisches zeitgenössisches Licht gerückt. Das Make-Up der Akteure ist zu keinem Zeitpunkt unglaubwürdig und der Film ist in der ersten Stunde interessant und schön anzusehen. Die Schauspieler, allen voran Tilda Swinton, agieren gut. Brad Pitt stellt den immer jünger werden Benjamin solide dar, da Pitt mit seinem zeitlosem Gesicht gut in diese Rolle passt. Wenn Brad Pitt im späteren Verlauf des Filmes noch sein digitales Facelift verpasst bekommt werden hier wohl viele Frauenherzen dahin schmelzen. Leider fehlt es in meinen Augen dem Charakter Benjamin komplett an Konfliktpotential. Neben Brad Pitt ist auch Cate Blanchett zu sehen. Zwar ist sie durch ihr Auftreten immer sehr präsent. Der Charakter Daisy bleibt im Verlauf der Geschichte jedoch sehr blass und entwickelt sich kaum weiter. Vor allem in einigen Konfliktsituationen mit Benjamin hätte der Drehbuchautor mehr Spielraum für die Charakterentwicklung gehabt. Beiden Hauptcharakteren fehlen jegliche Ecken und Kanten. Im Grunde ist Benjamin eine traurige Figur. Ein Waise, der in eine seltsame Welt geworfen wird, die ihn nicht versteht und die er nicht verstehen sollte. Aber aus dieser Traurigkeit und diesem Umstand wurde so gut wie null Potential geschöpft.

Bei aller Dramatik, die die Geschichte mit sich bringt, schafft es David Fincher in meinen Augen nicht, eine fesselnde und überraschende Geschichte voller Spannung und Dramatik zu erzählen. Zu vorhersehbar und zu glatt dümpelt hier der "seltsame Fall" daher. Zwar lockert Fincher das Geschehen ab und an mit witzigen Sprüchen und einem Running-Gag auf. Doch recht schnell verliert er sich in der langatmigen Geschichte. Wenn der Film mal etwas an Fahrt aufnimmt, reißt Fincher den Zuschauer wieder mit seiner Sidekick-Storyline aus dem Geschehen und man muss den Leidenskrampf von Daisy (Cate Blanchett) im Sterbebett ertragen. Im weiteren Verlauf der Geschichte wird es nicht besser und ich habe mich dabei ertappt, mich innerlich sagen zu hören:

"Wann hat dies alles endlich ein Ende?"

Der seltsame Fall des Benjamin Button
The Curious Case Of Benjamin Button

Produktion USA 2008
Laufzeit 166 Minuten
Kinostart 29. Januar 2009
Fazit von nEon

Der seltsame Fall des Benjamin Button ist der erste große Blockbuster des Jahres 2009. Leider kann der Film seine Qualität nicht ausspielen. Dramaturgisch ist der Film unerwartet schwach. Was man dem Film jedoch zu gute halten muss sind die tollen Bilder. Fincher zaubert unglaublich schöne Bilder auf die Leinwand und auch hier merkt man Ihm seine Herkunft (Werbung & Musikvideos) an. Leider zieht sich dies über 3 Stunden und wirkte ohne Witz und Charme nur sehr ermüdend auf mich. Die Parallelen zu Forrest Gump sind groß. Beiden Filme werden episodisch erzählt und die unterschiedlichen Szenen werden immer wieder durch eine Off-Stimme kommentiert. Was bei Forrest Gump noch durch Wort- und Szenenwitz funktionierte, möchte bei Benjamin Button so gar nicht zünden.

Trotz all seiner vorgegebenen Tragik, die die Figur in sich durch die Rahmenhandlung besitzt, konnte ich bei Benjamin Button nicht mitleiden. Die größte Schwäche des Filmes ist in meinen Augen das Drehbuch und die ungemein monotone Darstellung des Charakters. Die Geschichte bietet keine Substanz und ist in sich selbst sehr inhaltsleer, fast schon belanglos. Das Treiben und die Motivation der Charaktere bleibt unangetastet ist oberflächlich. Bei dieser ernsten Thematik finde ich den kindlichen Humor eher unpassend. Zu oberflächlich und einfach kommt diese "Romanze" daher und setzt sich inhaltlich schwach mit Thema "Tod" auseinander. Nach knapp 2 Stunden Laufzeit schleppt sich der Film nur noch von Szene zu Szene bis es zu einem vorhersehbaren Ende kommt. Benjamin Button ist für mich bislang die große Überraschung in diesem noch jungen Kinojahr. Überraschend im negativem Sinne. Ich hatte mir deutlich mehr von der Zusammenarbeit Fincher - Pitt erhofft. So bleibt "Der seltsame Fall des Benjamin Button" ein gewöhnlich langweiliger Fall.

6
/ 10