Star Trek: Ein Portal in die Vergangenheit - pixelmonsters.de
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Star Trek

von ComancheMan,

Star Trek ist heute schon zur modernen Saga geworden, die mit 6 TV-Serien und 10 Kinofilmen auch nicht gerade überschaubar ist. Und jeder in der westlichen Welt hat einen Bezug dazu, ob positiv oder negativ. Dabei sind Trek-Hasser, neutrale Betrachter und Hardcore-Nerds klar positioniert, obwohl auch dem härtesten Fan inzwischen kaum noch alles uneingeschränkt zusagt.
Nachdem nun die letzten Filme, aber genauso die Serien im Mittelmaß versanken und hinter den finanziellen Erwartungen zurückblieben, sah es ziemlich schlecht um das sog. Franchise (= Menge aller Produkte und Anhänger unter einer Unterhaltungsindustrie-Marke) aus. Ungünstig wirkte sich sicher auch die Aufteilung der Rechte für das Fernsehen und das Kino und die geringe Koordination zwischen den beiden Inhabern aus. Dennoch offenbarte sich vor rund zwei Jahren Hoffnung auf eine Wiederbelebung der Thematik, als die Produktion eines 11. Kinofilms gewiss wurde. Mit dem unverschämt erfolgreichen Regisseur und Produzenten J.J. Abrams erschien dann sogar eine ambitionierte Neuausrichtung möglich.


Der neue Trek-Film beginnt an einem äußert relevanten Tag für die Galaxie, es ist der Tag der Geburt von James T. Kirk im Jahr 2233. Die Geburt findet allerdings unter denkbar ungünstigen Bedingungen statt, da seine Eltern zu diesem Zeitpunkt auf einen Raumschiff unter Beschuss dienen. Die Crew mit seinem Vater setzt sich gerade verzweifelt gegen ein gigantisches romulanisches Schiff zur Wehr, das kurz vorher plötzlich aus einer Zeitanomalie aufgetaucht ist. So kommt es, dass sich Kirk’s Vater George selbst opfern muss um die Besatzung seines Schiffs und seine Familie vor dem gegnerischen Schiff zu retten.
An dieser Stelle muss direkt einmal vorweg angemerkt werden, was Hardcore-Trekkern ohnehin schon aufgefallen sein dürfte: Die Ereignisse verlaufen in diesem Film etwas anders als sie den Fans aus der Hintergrund-Story bekannt sind. Diesen Umstand erklärt der Film damit, dass der Auftritt der aus der Zukunft stammenden Romulaner ab diesem Zeitpunkt die bekannten Begebenheiten verändert. Die Handlungen der unter Führung eines gewissen Nero stehenden Romulaner haben drastische Folgen, was sich durch den Film hindurch noch viel deutlicher fortsetzt.


Die Geschichte setzt sich fort als Jim Kirk zu einem jungen, problembehafteten Mann herangewachsen ist, der sich gerne mit seiner Umwelt und Sternenflottenyuppies anlegt. Auf Anraten des legendären Captain Pike kann er sich dann allerdings dazu durchringen auch in die Flotte einzutreten. So will er seinem Leben eine Richtung geben, aber auch dem Ruf seines Vaters gerecht werden. Auch der junge Spock hatte zuvor auf seiner Heimatwelt Probleme mit seiner Herkunft, da er als Mensch-Vulkanier-Mischling einem teils subtilen, aber dennoch offensichtlichen Rassismus ausgesetzt ist. So tritt er einige Jahre vor Kirk als erster Vulkanier ebenfalls der Sternenflotte bei.
Als die Beiden zu Anfang als Ausbildungs-Commander und Kadett aufeinander treffen, können sie sich auf Grund stark unterschiedlicher Mentalitäten nicht ausstehen. Gerade als Kirk wegen der Manipulation des nicht bestehbaren Kobayashi-Maru-Tests Rechenschaft ablegen soll und schon mit einem Beim exmatrikuliert ist, kommt es zu einem flottenweitem Notruf. Spocks Heimat Vulkan wird angegriffen und schwere geologische Verwerfungen sind die Folge.
Kirk gelingt es gerade so noch mit der Hilfe seines Freundes Dr. McCoy an Bord der USS Enterprise zu gelangen bevor diese unter dem Kommando von Captain Pike startet. Als die Enterprise mit einer leichten Verspätung im Krisengebiet ankommt, ist sie auch schon das letzte Schiff, das sich dem Renegaten Nero und seinem Wunderwaffen-Schiff noch entgegenstellen kann.


Im weiteren Verlauf verursacht der rachsüchtige Nero schwere Veränderungen in der Zeitlinie und Kirk muss ihn als Ersatz-Captain der Enterprise davon abbringen. Wie es dazu kommt und was der alte Spock aus der Zeit nach dem letzten Kinofilm, also aus der bisherigen Zeitlinie, damit zu tun hat, sollte man sich schon selbst ansehen. Allerdings müssen sich echt harte Trekker auf einiges gefasst machen, das sehr weitreichende Folgen haben wird.

Was einem bei JJ Abrams’ neuem Star Trek-Spektakel sofort ins Auge sticht ist der Ansatz eines ziemlich radikalen Neustarts der Trek-Geschichten. Zurzeit ist zwar fast überall bei alten Geschichten im Kino die Rede vom Restart, doch ist man ehrlich handelt es sich bei den meisten Filmen um einfache Remakes. Bei Star Trek springen die Autoren nun wirklich in der Zeit zurück und schreiben die Geschichte der bekannten Charaktere einfach neu. Das Motiv dafür dürfte klar darin liegen wieder mehr erzählerische Freiheit ohne die Fesseln des Vorgegebenen zurück zu gewinnen. Obwohl das klingt, als ob die echten Fans der Reihe recht ignorant vor den Kopf gestoßen werden, ist gerade das nicht der Fall. Zwar geht der Film etwas freier mit den Charakteren um, auf der anderen Seite strotzt er vor respektvollen Referenzen an die alten Filme und die erste, klassische Serie. Und genau ist der Grund, dass man als durchschnittlicher Fan trotz der Richtungsänderung hier durchaus Spaß haben kann.


Um allerdings halbwegs fair mit dem neuen Werk umgehen zu können, muss man sich wirklich etwas vom Vorhergehenden lösen. Für sich betrachtet fällt am deutlichsten die wirklich talentierte und passende Besetzung auf, die die Produktion hier gecastet hat. Vor allem Zachary Quinto als junger Spock ist über fast jeden Zweifel erhaben, so gut spielt er. Interessant ist an seinem Vulkanier, dass er noch verhältnismäßig wenig in seiner Logik ruht und seine Emotion doch recht heftig durchbrechen können. Weitere Highlights der großen Schauspielerrunde sind die unglaubliche heiße Zoë Saldaña als Uhura und der dynamische Bruce Greenwood als Kirks Vaterersatz Captain Pike. Chris Pine macht seine Sache als Kirk auch noch recht gut und schafft die Gratwanderung zwischen arroganten Arsch und Sympathieträger. Eine echte Offenbarung gegenüber dem Talent seiner Vorgänger-Captains ist er trotzdem nicht. Eindeutige Schauspieler-Ausfälle gibt eigentlich nur einen, leider sehr wichtigen: das Zusammenwirken vom Bösewicht Nero mit den Sternenflottentypen erscheint leider überhaupt nicht rund. Das liegt aber ziemlich klar an Drehbuch-Schwächen, die ihn als Figur hohl, leer und nicht ganz nachvollziehbar belassen. Den Coup Leonard Nimoy noch einmal aus der Rente zu holen, um Spock als alten Mann zu spielen, kann man nur als gelungen bezeichnen. Er hat seine Paraderolle immer noch locker drauf.
Leider schafft es aber das Drehbuch über die Charaktere und guten Dialoge hinaus nicht bei seinen originären Aspekten zu punkten. Mehrere physikalische Ungereimtheiten, Logikfehler und Dramatik-Löcher springen einem geradezu ins Auge. Andere Sequenzen sind offensichtlich reine Plotdevices (Fallschirmsprung) und spätestens ab der Mitte, ab Kirks Treffen mit dem alten Spock wird die Handlung noch einmal deutlich schwächer und sehr stark action-basiert. Nebenbei sind einige Referenzen der Autoren an ihre Serie „Alias“ einfach nur total unpassend. Hallo?! Große, rote Apokalypse-Kugel?!


Bei so stark optik-lastigen Filmen wie Science-Fiction-Filmen ist allerdings das Produktionsdesign mindestens genauso wichtig wie Charaktere oder Story. Und wenigstens hier hat der neue Film dann vieles richtig gemacht, wenn er auch einiges richtig falsch macht. Die Sternenflotten-Raumschiffe sehen zum Beispiel sehr gut, bisweilen gar fantastisch aus. Die Kämpfe im All sind schnell und dynamisch inszeniert und gerade noch überschaubar gehalten. Leider wurde sich bei diesen Full-CGI-Aufnahmen zu stark an der Schauspielkamera orientiert. So hat man bei den Computersequenzen ebenfalls kräftig Blend- und Linseneffekte eingebaut, die aber aus künstlicher Quelle zu stark und störend wirken. Die Action-Effekte sind trotzdem unglaublich detailliert, wenn auch ebenfalls knapp an der Grenze zur Unübersichtlichkeit. Während bei den Szenen an realen Schauplätzen die Flottenakademie und Vulkan durchaus überzeugen, ist eine Szene auf einem Eisplaneten im Look unglaublich billig geworden. Genauso unterschiedlich fällt das Design der Innensets aus: sehen die Föderationsbrücken noch schick und modern und das Romulaner-Schiff bedrohlich und surreal aus, so sind beide Orte doch mit zu vielen Details überladen designt. Die Gestaltung des Enterprise-Maschinenraums ist darüber hinaus eine einzige Zumutung. Etwas Steampunk und Retrodesign sind ja vielleicht noch ganz nett, aber diese Szenen in einer Bierfabrik zu drehen (wirklich!) ist beim Star-Trek-Hintergrund einfach eine blöde Idee.
Ein letzter Reinfall ist beim dem Film leider auch die Musik, da Abrams hier schon wieder seinen dicken Kumpel Michael Giacchino engagieren musste. Der hat zwar schon mal ein, zwei gute Scores zusammengebracht, wird aber in letzter Zeit immer ideenloser. Seine Musik für Star Trek ist aufdringlich, austauschbar, teils nervig und nur dann zu ertragen, wenn er die alten Melodien zitiert. Bei den Toneffekten fällt dann noch auf, dass Star Trek witzigerweise der erste Mainstream-Science-Fiction-Film sein dürfte, der ansatzweise versucht die akustische Realität von geräuschlosen Weltraumschlachten abzubilden.

Star Trek


Produktion USA 2009
Laufzeit 126 Minuten
Kinostart 7. Mai 2009
Fazit von ComancheMan

Star Trek im Jahre 2009 ist zu einem schwierigen Basterd-Film geworden. Natürlich versucht der Film die alten Fans mit ins Boot zu holen, auf der anderen Seite zielt er wie kein Star-Trek-Film zuvor aber auf die neuen Generationen. Daher erhielt man die unschlagbaren Charaktere der klassischen Serie, wagt mit ihnen aber einen ziemlich radikalen Neustart in einer alternativen Zeitlinie. Ob so ein Akt wegen der beschränkten erzählerischen Freiheit bei Star Trek vielleicht mehr noch als bei anderen Serien nötig gewesen ist, löst bei mir zumindest mittelstarken Zweifel aus. Der Erfolg dieser Maßnahme für das Gesamtprodukt Star Trek wird sich erst bei zukünftig erscheinenden Filmen oder Serien zeigen, da bin ich jetzt noch nicht völlig überzeugt. Ein Hauptproblem ist, dass ein Zurückgehen in die normale Trek-Zeitlinie kaum mehr möglich sein wird ohne die gesamte Saga zu verwässern.
Für sich gesehen ist Star Trek ein schöner SF-Film mit coolen Charakteren und Crew-Mitgliedern, denen man für zukünftige Abenteuer Glück wünschen möchte. Auch besteht noch Hoffnung, dass sich die Fehler der schwachen, hohlen Story und des nur teils gelungenen Design ausbügeln lassen. Denn obwohl der Film dem grundsätzlichen Problem mit der Vorgeschichte wieder aus dem Weg geht und er sich nicht mit den besten Trek-Filmen messen kann, hat er nämlich dennoch Potenzial.

8
/ 10