Serenity - Flucht in neue Welten ist ein Film, den es nach normalen Maßstäben gar nicht geben dürfte. Um zu verstehen wie es trotzdem bis zur Produktion kommen konnte, muss man sich erst einmal mit der Person des Regisseurs und Drehbuchautors auseinandersetzen. Dieser ist niemand geringerer als der unter Serienfans bekannte Joss Whedon, welcher der Erfinder und Initiator der weltweit erfolgreichen Buffy Fernsehserie ist, die auch immer wieder die Kritiker begeisterte. Daneben war er unter anderem verantwortlich für die Spin-Off-Serie Angel, die auch recht erfolgreich war, sowie für diverse weitere TV-Drehbücher und er schrieb auch bei Spielfilmen wie Alien - Die Wiedergeburt und Toy Story mit. Besonders mit Buffy aber hat er es geschafft, einem großen Publikum in Erinnerung zu bleiben, was vor allem daran lag, dass seine Serienfiguren immer besonders charakterstark waren und somit zu echten Identifikationsfiguren wurden. Außerdem ließ er immer wieder seinen speziellen Humor in die Dialoge der Figuren einfliesen, was für einen weiteren selbstironische Zugang zur Thematik sorgte, man erinnere sich nur an Buffys Sprüche den verprügelten Monstern gegenüber. Eben dieser Kreativkopf wagte es nun nach dem regulären Ende von Buffy eine Science-Fiction-Serie zu entwickeln. Dass das in Zeiten, in denen selbst Star Trek trotz all seiner Fans am Dahinsiechen ist, kein besonders erfolgreiches Projekt werden würde, hätte er sich eigentlich denken können. Mit einigen grundlegend anderen Vorraussetzungen, wie z.B. das Fehlen von außerirdischen Lebensformen, wagte er es trotzdem im Jahre 2002 die Weltraum-Western-Serie "Firefly" ins amerikanische TV zu hieven (in Deutschland wurde sie bis heute trotz Rechtekauf von RTL nicht ausgestrahlt!). Die Quittung kam prompt mit der Absetzung nach 12 ausgestrahlten von 14 produzierten Episoden. Dennoch hatte Whedon eines erreicht: er hatte eine ausreichende Menge von Hardcore-Fans dank der speziellen Qualität der Serie bzw. seiner Skripte generieren können. Wie so oft in den USA protestierten diese vergeblich für eine Fortführung der Serie (siehe Star Trek: Enterprise), erreichten aber wenigstens eine DVD-Veröffentlichung der vorhandenen Folgen. Und diese verkauften sich, oh Wunder, sensationell gut. Und so entschloss man sich schließlich beim zuständigen Studio Universal Pictures dem Projekt doch noch einmal eine Chance zugeben und bewilligte eine Kinoproduktion.
"Serenity - Flucht in neue Welten" spielt nun also ca. 500 Jahre in der Zukunft, in der die Menschheit zwar neue Planeten besiedelt hat, aber immer noch in Konflikte miteinander verstrickt ist. Zwar scheint die Lage nach einem finalen Sieg der leicht diktatorischen Allianz beruhigt, aber die Randwelten wollen sich immer noch nicht alle der Eingemeindung ergeben. In diesem Szenario beginnt die Geschichte damit, dass der junge Arzt Simon seine psychoaktiv-begabte Schwester River Tam aus einem Hochsicherheitslabor der Allianz befreit, die dort Opfer finsterer Experimente war. Auf der Flucht lassen sich die Beiden an Bord des Raumschiffs Serenity unter dem Befehl des Han-Solo-Verschnitts Malcom Reynolds aus dem Gebiet der Allianz schmuggeln. Das ist auch dringend notwendig, da man bei der Allianz glaubt, River habe versteckt in ihrem verwirrten Kopf geheime, prekäre Informationen mitnehmen können. So schickt man ihnen ein Killerkommando unter Führung eines Glaubenskriegers, Operative genannt, hinterher, um River zurück zu bringen. Die neuen Besatzungsmitglieder sorgen unterdessen für Aufregung unter der bunten, leicht rebellischen Crew der Serenity, da diese sich zwar mit halblegalen Schmuggeljobs und kleineren Überfällen über Wasser hält, aber die Gefahr ihrer Passiere spürt und die Konfrontation mit der Allianz sonst eher scheut. Bei einem anschließenden Überfall auf den Geldtransport einer Bergbau-Kolonie der Allianz sehen sie sich allerdings auch direkt mit einer weiteren Gefahr dieses unwirtlichen Teils des Universums konfrontiert: Reaver. Diese animalischen Weltraumjäger töten Menschen rücksichtslos und betreiben Kannibalismus. Die Serenity-Crew kann ihnen gerade noch mit einem Teil der Beute entkommen und möchte diese nur noch schnell auf dem nächsten Handelsplaneten vertickern und ihre gefährlichen Passagiere loswerden. Dort angekommen stellt sich jedoch heraus, dass das Geschwisterpaar ihre Hilfe noch weiter benötigen wird, als River unter Einfluss einer unterbewussten Botschaft ausflippt und eine Kneipe mit finstersten Gesellen im Alleingang auseinander nimmt. Dabei erwähnt sie allerdings auch erstmals einen Namen, der sich als der Name einer entfernten Kolonie erweist, die noch hinter dem Gebiet der Reaver liegt. Beim Versuch die Geschwister auf der Heimatkolonie der Serenity-Crew zu verstecken, muss diese allerdings feststellen, dass sie spät kommen, da das Killerkommando hier zuerst gesucht hat und das Leben dort ausgelöscht hat. Captain Mal Reynolds schwört kurzerhand nicht mehr Spielball der Allianz zu sein und beschließt mit River und Simon den entfernten Planeten aufzusuchen, um den Rätseln auf den Grund zu gehen und den beiden zu helfen. Um durch das Reaver-Gebiet zu kommen, müssen sie die Serenity allerdings als Reaver-Schiff tarnen, was es mit sich bringt, die Leichen ihrer getöteten Freunde auf der Außenhülle als Tarnung anzubringen. Nach einem nahezu problemlosen Flug durch das Crawlergebiet, findet die Crew auch bald den Planeten. Dieser scheint anfangs einfach nur leer, etwas später entdeckt die Besatzung allerdings, dass er ein dunkles Geheimnis birgt, dessen Bekanntwerden im Universum immerhin die Allianzregierung gehörig untergraben würde. Um es möglichst schnell zu verbreiten macht sich die Serenity auf, um zu Mister Universe zu gelangen, einem nerdigen Dauerfernseh-Gucker und Hacker (Wahlspruch: "Can't stop the signal!"), der mit einer riesigen Kommunikationsphalanx als Einziger die Mittel dazu hat. Dass die Allianz das mit ihren Kommandos um jeden Preis verhindern will, ist dabei allerdings genauso klar.
Schon dieser kurze Storyabriss klingt nach sehr viel Inhalt, der einen 3-Stunden-Film vermuten lässt, in der Tat muss der Film dem Nichtserienkenner einiges erklären und rutscht damit schneller als den Machern lieb sein dürfte in eine stark fernsehserienhafte Struktur ab. Infolgedessen kommt es auch, dass der Erzählfluss im zweiten Viertel des Film etwas ins stocken gerät, hauptsächlich begründet in den ausufernden Diskussionen unter der Crew. Hilfreich ist in diesen Passagen lediglich der erwähnte Humor der Whedon'schen Charaktere, der auch hier wieder voll zum Tragen kam. Die einzelnen Personen der Crew nehmen sich Gott sei dank alle selbst nicht besonders ernst und hinterfragen sich und die anderen wie in "Buffy" frech bis manchmal teeniehaft. Darüber hinaus sind die Charaktere aber alle in sich schlüssig und interessant und River erinnert gegen Ende hin sogar ein bisschen an Buffy selbst. Leider bleiben aber einige der Nebencharaktere auf Grund der großen Anzahl an Figuren zu eindimensional, da hilft es dann auch nicht mehr, dass überraschend viele von ihnen im Endgefecht das Zeitliche segnen. Darstellerisch bekommt man es in "Serenity" mit sehr vielen Newcomern zu tun, die aber wohl resultiert aus der Übung der Serie allesamt sehr ordentlich die Charaktere porträtieren. Darunter mischen sich einige Schauspieler der zweiten Reihe, deren Gesichter man schon einmal gesehen haben könnte, wie das von Alan Tudyk aus "Ritter aus Leidenschaft", Adam Baldwin aus "Der Patriot" oder der persiflierend auftretende David Krumholtz aus "Numb3rs" in der Rolle des Mister Universe. Optisch bekommt man in "Serenity" trotz Science-Fiction-Szenario und vieler Weltraumszenen nicht selten das Gefühl in einem Western gelandet zu sein, da man sich hauptsächlich auf staubigen und steppen-ähnlichen Planeten bewegt und auch die meisten Sets vermitteln perfekt den selben Eindruck, sind sie doch allesamt in einem braunem, erdigen Outlaw/Siedler-Look gehalten. Und nicht zuletzt die Szene mit dem Raub der Gehälter der Minenarbeiter erinnert frappierend an das klassische Postraubmotiv alter Western. Leider wirken die Innenraumsets trotz detaillierter Ausarbeitung dann doch oft nach einer Zweitverwertung des Serienbudgets, da sie in ihrer Anzahl sehr begrenzt sind. Das ist natürlich nicht so besonders günstig für einen Science-Fiction-Film im Kino, auch wenn dieser Aspekt nicht so penetrant übertrieben werden muss, wie es einige andere Genre-Konkurrenz dieses Jahr tat. Auch bei den digitalen Effekten, die hauptsächlich Raumschiffe darstellen, schlägt sich dieser verdreckte, abgenutzte Western-Look nieder. Im Gegensatz zu den Sets sind diese aber absolut konkurrenzfähig auch und insbesondere gegen solche Effekt-Bonbons wie "Star Wars", da hier alles einfach etwas realistischer aussieht, was beweißt, dass gute Computereffekte heute zu Tage anscheinend nicht mehr die Welt kosten müssen. Musikalisch kommt der Film mit einer fremdartigen Mischung aus amerikanisch-chinesischen Klängen daher, die vom bekannten Filmkomponisten David Newman passend in das Szenario eingeflochten wurden, in dem diese beiden Nationalitäten als einzige Weltmächte verblieben sind.
Im Science-Fiction-Genre wird "Serenity" wohl künftig eine gewisse Sonderstellung einnehmen, da es mit seiner eigentlich sehr realistischen Zukunftsvision mit fernen besiedelten Planeten aber ohne Aliens nahezu einzigartig sein dürfte. Die mit allen illegalen Mitteln um eine Hegemonie bemühte zentralistische Allianz kann dabei, wenn man möchte, sogar als aktueller politischer Kritikpunkt verstanden werden. Wichtiger als das dürfte Macher Joss Whedon wohl aber die Darstellung der menschlichen Schwäche gewesen sein, sich und seine Umwelt teils unter Zwang verbessern zu wollen und die Warnung vor den daraus resultierenden, katastrophalen Folgen. Mit dieser anti-fundamentalistischen, skeptischen Botschaft kann er vielleicht sogar ein bisschen an die tieferen Motive späterer "Alien"-Filme anknüpfen.