Starregisseur Ridley Scott wagt sich nach seinem Megaerfolg mit „Gladiator“ erneut an einen zweiten Historienfilm und traut sich mit Shootingstar Orlondo Bloom in der Hauptrolle an das politisch sehr heikle Thema der Ursprünge des Nahostkonflikts.
Im Frankreich des Jahres 1186 zur Zeit der Kreuzzüge versucht der arme Schmied Balian (Orlando Bloom) den Selbstmord seiner schwangeren Frau zu verwinden. Kurz darauf erhält er zudem auch noch Besuch vom Kreuzritter Godfrey von Ibelin (Liam Neeson), der behauptet Balian sei sein unehelicher Sohn und ihn dazu überreden will, ihm nach Jerusalem zu folgen. Obwohl er diesem Ruf erst nicht folgen will, bleiben ihm wenig später kaum noch Alternativen, als er den örtlichen Priester tötet, der die Leiche seiner toten Frau enthauptete. Für diese Tat erhofft er sich im heiligen Jerusalem Vergebung. Folglich lässt er sich von Godfrey ins heilige Land führen. Balian ist überwältig von der Größe und Schönheit der Stadt und dem zumindest derzeitigem friedlichem Zusammenleben der drei Religionen der Christen, Moslems und Juden. Kurze Zeit später verstirbt Godfrey jedoch an einer Kriegverletzung und vererbt Balian kurz vor seinem Tod noch seinen Titel und seine Ländereien. Außerdem schlägt er ihn noch zum Ritter von Gottes Gnaden.
Damit erhält Balian aber nicht nur einen Namen und einiges an Besitz, sondern übernimmt auch ein gutes Stück Verantwortung, was ihn zumindest anfangs etwas überfordert. So kann er zwar noch seinen Bauern helfen, indem er ein Bewässerungssystem errichtet. Er muss sich allerdings auch zwischen machtgierigen und kriegslustigen Rittern einerseits und Kreuzrittern um Tiberias (Jeremy Irons), die versuchen den labilen Frieden mit den Jerusalem umgebenden Moslems aufrecht zu erhalten, andererseits entscheiden. Dabei soll er auch noch dem todkranken König von Jerusalem, Baldwin IV., der ein guter Freund seines Vaters war, dabei unterstützen den drohenden Sturm der Stadt durch die Moslems zu verhindern. Beim Versuch sich innerhalb dieses adeligen Intrigengeflechts zurechtzufinden erhält er Unterstützung von der geheimnisvollen Schwester des Königs, Sybilla (Eva Green), die nach dem Tod des Königs die neue Königin der heiligen Stadt sein wird. Nach und nach verlieben sich die beiden und beginnen eine Affäre, denn unglücklicherweise wurde sie bereits in jungen Jahren ausgerechnet mit einem jener Ritter verheiratet, die planen den schwellenden Konflikt mit den Moslems zum Eskalieren zu bringen.
Nachdem der König mit letzten Kräften noch Einigen der besonders anmaßenden Ritter Einhalt gebieten kann, stirbt er kurz darauf an Lebra. Krieg ist nun nicht mehr zu verhindern und Balian muss daraufhin entschlossen für seine übernommenen Ritterideale einstehen und in einer letzten verzweifelten Schlacht um die Festung von Jerusalem versuchen den zahlenmäßig weit überlegenen Moslemherr wenigstens soviel entgegen zu setzen, dass einige der der Bewohner der Stadt gerettet werden können und nicht die ganze Bevölkerung ausgelöscht wird.
Man merkt es vielleicht schon an der kurzen Story-Zusammenfassung: der Film hat einiges an Inhalt. Einige Details der Geschichte, wie z.B. die Sequenzen über die Ideale der Ritter und deren Verrat, könnte man vielleicht sogar als überladen beschreiben. Allerdings werden all diese Themen auf geschlagene 145 Min verteilt und kommen so doch noch ausreichend zum Zug. Schlimmer als diese leichte Überfrachtung wiegt allerdings, dass sich die Geschichte an einigen Stellen reichlich naiv ausnimmt. Schlimmstes Beispiel: Es braucht erst einen französischen Schmied (Balian), damit dessen Untergebene auf die Idee kommen für ihre Wasserbewirtschaftung einen Brunnen zu graben. Was die Story wiederum auszeichnet ist, dass hier sehr viel klarere Strukturen herrschen als noch in Wolfgang Petersens „Troja“. Man ist sich sicher, dass die Hauptdarsteller des Films auch wirklich auf der guten Seite kämpfen. Damit in Zusammenhang hängt auch das bewundernswert positive Grundanliegen der Geschichte: so geht es hier um das Bestehen einer multikulturellen Gesellschaft gegen das Machtbegehren religiöser Fanatiker. Obwohl hier die Parallele zum Kampf westlicher Gesellschaften gegen den islamischen Terrorismus kaum zu übersehen ist, so ist es im Film doch erfrischend realistisch dargestellt, das es auf Seiten der Christen als auch auf Seiten der Moslem eben neben den Fanatikern auch immer rationalere, friedlichere Menschen gibt.
So ist zum Beispiel auf Seiten der Moslems der hohe Fürst Nasir ein gemäßigterer Kämpfer. Der Darsteller dieser Nebenrolle wird insbesondere Star Trek-Fans bekannt vorkommen, handelt es sich doch um den aus Deep Space Nine als Doktor Bashir geläufigen Alexander Siddig, der hier seine Sache sehr ordentlich macht. Ebenfalls eine Überraschung ist die schauspielerische Entdeckung des Films, Eva Green als Prinzessin Sybilla, die einen mit ihren faszinierenden grünen Augen und einer überzeugenden Darstellung fesselt. Neben ihr liefern auch Liam Neeson und Jeremy Irons als Kreuzritter gewohnt geniale Leistungen ab und bilden damit die schauspielerischen Grundpfosten des Films. Das führt dann leider aber auch zu den nicht genutzten Möglichkeiten des Hauptdarstellers Orlando Bloom. Er spielt zwar nicht richtig schlecht, aber leider insgesamt auch nur mittelmäßig. Ob es nun an fehlender Lebenserfahrung Blooms oder der erweiterten Tiefe der Rolle im Gegensatz zum Elf Legolas oder zum Jungpiraten aus „Fluch der Karibik“ liegt ist nicht klar, jedenfalls nutzt er die Möglichkeiten der Rolle nicht richtig aus. Bleibt zu hoffen, dass sie ihn dennoch weiterbringt, denn dann könnte er uns noch länger auf der Leinwand erhalten bleiben.
Hinter der Kamera hingegen liefert Regisseur Ridley Scott gewohnt gute Arbeit und bewegt sich dabei sicher und auch weitestgehend unparteiisch gegenüber den Moslems im Gewirr aus Politintrigen und riesigen Actionschlachten, wie er es auch schon im „Gladiator“ zeigte. Gerade bei der Action konnte er sich dabei noch einmal steigern. Wohl in Anbetracht von Konkurrenz wie den „Herr der Ringe“-Filmen wird hier nochmals kräftig an der computergesteuerten Maschinerie gekurbelt und ähnlich gewaltige Massenaufmärsche inszeniert. Angesichts des während der Gefechte gezeigten Gewaltgrades ist die FSK 12-Einstufung allerdings mal wieder nur bedingt nachvollziehbar. Die neben den Schlachten recht umfangreiche Handlung nimmt sich zwar recht lang aus, allerdings fesselt einen der recht straffe Erzählfluss und erweckt sogar manchmal den Eindruck, es fehlen bestimmte Details. Insofern darf man auf die wesentlich längere DVD-Version gespannt sein.
Die Ausstattung des „Königreichs der Himmel“ erscheint hingegen vom Start weg gigantisch.
Am Set muss ein unglaublicher Aufwand geherrscht haben, so wurden z.B. extra 14.000 Kostüme und diverse Rüstungen angefertigt. Neben den Kostümen lässt auch die ausgezeichnete Maske die Darsteller faszinierend und interessant aussehen. Und gemeinsam mit Ritter Balian staunt man nur über die extrem detaillierten Sets, die in Marokko hergerichtet wurden und an denen man sich kaum satt sehen kann. Die gelungenen Computereffekte sehen glücklicherweise auch ähnlich „Herr der Ringe“ sehr unaufdringlich aus.
Die Kamera versucht diesen ganzen Bombast wieder mal mit stark gefilterten Bildern einzufangen. Dieses Unterfangen gelingt diesmal allerdings nur bedingt, da im Gegensatz zum „Gladiator“, der eine sehr abwechslungsreiche Farbgebung mitbrachte, hier eine blau-farblose Filterung fast den ganzen Film über aufrechterhalten wird und damit dann auch optisch eine gewisse Eintönigkeit erzeugt. Auch die Actionsequenzen sind nicht außergewöhnlich gelungen fotografiert, da man hier wieder auf die in letzter Zeit leider beliebter gewordene Wackel-Mittendrin-Kameratechnik setzt, was allerdings fast mehr Verwirrung als Spannung erzeugt.
„Königreich der Himmel“ bemüht sich in seiner geschichtlichen Abhandlung der Frühgeschichte des Nahost-Konflikts, sprich dem Krieg ums heilige Land bzw. der Auswirkungen der Kreuzzüge, augenscheinlich um eine Lösung eben diesen Konflikts. Da diese aber damals wie heute kaum so einfach möglich ist, propagandiert der Film eher eine Vision der multireligiösen Gesellschaft, als das er diese Lösung wirklich ernst nehmen würde, was sich nicht zuletzt darin zeigt, dass dieser Ansatz auch im Film am Ende misslingt. In aller Anerkennung für die dringend notwendige weitere Thematisierung dieses Problem durch die Verfilmung bleibt es sowohl im 12. als auch im 21. Jahrhundert dabei, das sich dieser Konflikt für eine baldige Lösung politisch als auch religiös als zu sehr aufgeladen zeigt.