Ich wollte mal was anderes. Nicht immer das gute schöne saubere Rollenspielszenario a là "Held rettet Prinzessin und wilde kleine Kobolde schwirren mit Elfen durch einen verwunschenen Wald". Das typische Klischee halt. Ich brauchte mal etwas Abwechslung. Mal etwas düsteres, blutiges und abgefahrenes. Tja, so startete ich halt Planescape Torment und siehe da....
Ich wurde nicht enttäuscht. Hier finde ich mich also wieder. Bin damals als strahlender Held abgetreten und wo bin ich jetzt? Planescape? Eine verfluchte dreckige Ebene voller Abschaum, Dreck, Degenerierter und natürlich mit mir, dem Namenlosen. Das alles, wäre ja nicht so verdammt deprimierend. Doch das Verzwickte an meiner Lage ist einfach mal, dass ich keinen Schimmer habe, wer ich eigentlich bin. Namenlos halt. Nur eine Frage geistert mir schon die ganze verdammte Zeit durch den Schädel. Was für einen Zweck hat meine Existenz? Gute Frage, doch um diese zu beantworten muss ich mich schleunigst aus dieser verdammten Leichenhalle begeben. Hier bin ich auf einer kalten stählernen Bare erwacht. Ein schwebender Schädel Namens Morte spricht mich dann auch noch die ganze Zeit mit Meister oh Meister an. Er ist der einzige dem ich zur Zeit mein Vertrauen schenke. Ich muss trotzdem höllisch aufpassen. Er zieht ein wenig seltsam aus und seine Beweggründe mir zu helfen, kenne ich auch noch nicht. Mal sehen was das hier alles zu bedeuten hat. Die Suche nach der Wahrheit hat soeben begonnen. Mal sehen, was die Zukunft so mit sich bringt. Ich habe aber das dumme Gefühl, dass das Ganze hier kein Zufall ist.... .
So ähnlich kann man Planescape Torment eigentlich nur beschreiben. Planescape Torment ist ein waschechtes Rollenspiel nach dem AD&D Regelwerk wie einst Baldurs Gate und jetzt Baldurs Gate 2. Es gibt jedoch einen Unterschied. Der Namenlose Held des Spiels ist gleich zu Beginn des Spiels tot und man sieht es ihm auch an. Tod bleibt Tod. Diese Tatsache muss man im Laufe des Spiels akzeptieren. Doch das Ableben hat auch seine Vorteile. Man sollte es trotzdem vermeiden, eingeäschert oder gefressen zu werden. Das ist einfach nicht besonders gut für die eigene Haut.
Die Geschichte des Namenlosen beginnt in der Leichenhalle. Er hat absolut keine Ahnung, was geschehen ist. Sofort nach dem aufwachen, spricht ihn ein fliegender Totenschädel an. Der Schädel heißt Morte und er scheint dich zu kennen. Durch eine eingeritzte Botschaft (Tätowierung), im Rücken des Helden, wird deine erste Aufgabe klar. Du sollst dein verschwundenes Journal wiederfinden und einen Mann namens Pharod kontaktieren. Dieser soll dir angeblich helfen können, dein Gedächtnis wiederzufinden. Die Leichenhalle birgt hierbei eine Menge übler Gefahren. Hier kommt von Anfang an die düstere und bedrohliche Atmosphäre sehr gut zur Geltung. Ihr erkundet dabei die versiffte Leichenhalle und versucht erst einmal unbeschadet diese zu verlassen.
Zum Anfang des Spiels ist man im wahrsten Sinne "planlos". Man befindet sich in einer unbekannten Stadt und weiss erst gar nicht, was eigentlich los ist. Quests gibt es reichlich zu erfüllen, sei es nun einfach einen Portalschlüssel finden oder mal jemanden um die Ecke bringen. Es ist alles dabei und ziemlich absurd zugleich. Die Stadt lebt und diese Tatsache bekommt ihr sehr häufig zu spüren ;-). Sigil wird von sehr seltsamen Kreaturen bevölkert. Bei Gesprächen mit Pennern, Leichensammlern, Handwerkern, Huren, Untoten, Drachen, Sektenmitgliedern und anderen seltsamen Kreaturen springen schon mal des öfteren die ein oder anderen Aufträge heraus. Findet sich man erst einmal in der Sigil zurecht und hat man die ersten Quests erfüllt, wird das Ziel langsam klar. Die Menschen auf den Straßen geben euch dabei mehr oder weniger nützliche Informationen. Zum Glück fangt ihr gleich ein neues Journal an. Somit ist es möglich alle noch auszustehenden Quests nachzulesen. Wichtige Informationen sowie jegliche Monsterarten und NPCs werden ebenfalls in eurem Journal vermerkt und ausführlich vorgestellt.
Doch bevor ihr auf Reisen gehen könnt, müsst ihr erst einmal die Charaktergenerierung durchlaufen. Wie schon bei BG, beginnt auch Planescape Torment mit dieser. Es gilt hierbei 21 Charakterpunkte auf Eigenschaften Stärke, Weisheit, Intelligenz, Charisma, Konstitution und Geschicklichkeit zu verteilen. Je nach Verteilung der Punkte kann man eine bestimmte Richtung in der Charaktergenerierung einschlagen. Wer seine Punkte von Anfang an auf Weisheit und Intelligenz verteilt, gewinnt im Spielverlauf mehr Erfahrung als es eigentlich üblich ist. Es stehen so auch mehrere Möglichkeiten bei Gesprächen mit anderen NPCs offen. Der Namenlose ist somit etwas wortgewandter. Euer Charakter startet vorerst als Level 9 Krieger. Im Laufe des Spieles ist es aber möglich die Charakterklasse zu ändern und sich Beispielsweise als Magier ausbilden zu lassen. Um die Charakterklasse zu wechseln, muss man aber den Ausbildern erst einmal einen Gefallen leisten und einige Quests lösen.
In Planescape Torment ist es möglich sich bestimmten Gruppierungen anzuschließen. Um aber erst einmal aufgenommen zu werden erwarten euch erst einmal eine Fülle an Quests. Viele Gruppierungen stehen zueinander in Konkurrenz und bekämpfen sich. Es ist also klar was zu tun ist. Es ist aber nur möglich sich einer Gruppe und derer Glaubensvorstellung anzuschließen. Die "Sekten" bieten einem einige Vorteile, so zum Beispiel kann man den Hauseignen Waffenshop benutzen. Stück für Stück kommt man dann allmählich seinem Ziel näher und man verliert eigentlich nie den roten Faden. Um die Story noch einmal zurück verfolgen zu können, legt der Hauptcharakter ein neues Journal an. Darin werden alle erledigten und noch zu erledigenden Aufgaben notiert. Die Geschichte, welche man erlebt hat, kann man ebenfalls noch mal nachlesen.
Wer sich auf Planescape Torment einlässt muss Spass am Lesen haben. Was hier storymäßig geboten wird übertrifft Baldurs Gate locker. Die Story ist so umfangreich. Sie könnte locker mehrere Bücher füllen. Nach ein paar Stunden fühlt man sich in dieser doch so kranken Welt wie Zuhause. Es gibt kaum irgendwelche Einschränkungen und man kann tun, was man will. Erfahrung sammelt man durch das Lösen der Quests oder durch das Töten von Gegnern. Meist lassen sich auch Quests erledigen, ohne einen einzigen Tropfen Blut zu verschütten. Dies bringt meist mehr Erfahrungspunkte, als das sinnlose Abschlachten der Gegner. Ob man nun einen Kampf mit oder ohne Gewalt löst, hängt von den diplomatischen Fähigkeiten des Charakters ab. Ist der Charakter weise und charismatisch, so stehen dies Chancen gut heil aus einigen Situationen zu kommen.
Das Kampfsystem kann man mit dem von BG vergleichen. Hat man dies erst einmal geschnallt, geht es recht einfach von der Hand. Man kann das Spiel an jeder Stelle beliebig anhalten. Mittels der Leertaste kann man sich so bei aller Hektik einen Überblick über die Spielsituation verschaffen. Um eure Gegner platt zu machen stehen auch um die 100 Zaubersprüche zur Verfügung. Wie in BG muss man die Zaubersprüche lernen und diese stehen dann nur im begrenztem Mass zur Verfügung. Sämtliche Figuren im Spiel gehen im Verlauf des ungefähr 70-120 Stunden langen Epos ihrem ganz normalen täglichen Beschäftigungen nach. Sie haben Ziele, denen sie nachgehen und sind somit auch nicht immer an der gleichen Stelle anzutreffen.
Das schön-düstere Spiel basiert auf dem leicht verändertem Regelwerk der AD&D-Serie. Durch euer spielerisches Verhalten beeinflusst ihr direkt den Verlauf der Handlung und die Entwicklung des Charakters. Ihr startet zuerst als Kämpfer und je nachdem, wie ihr euch verhaltet könnt ihr auch die Laufbahn eines Magiers einschlagen. Über 100 Zaubersprüche stehen euch letztendlich zur Verfügung. Diese werden allesamt grafisch sehr gut auf den Bildschirm umgesetzt. Die Optik ist rundum gut gelungen. Das Spiel hat zwar nur eine Auflösung von 640x480. Die Optik ist trotzdem recht ordentlich. Planescape Torment nutzt die überarbeitete Engine von Baldurs Gate. Trotz der gleichen Engine unterscheidet sich die Grafik deutlich. Die meisten Spielhintergründe sind in einem bräunlichen bis gräulichen Ton gehalten. Dies passt sehr gut zur düsteren Atmosphäre. Später gibt es sehr schön gestaltete Innenräume. Die netten Grafikeffekte bei den Zaubersprüchen gehören ebenfalls zu den Lichtblicken in Planescape. Die Welten von Torment sind viel skurriler und abgefahrener. Die Hautcharaktere und alle in Torment erschaffene Figuren sind größer und detaillierter als dies noch in Baldurs Gate der Fall war. Die Kamera ist etwas näher, am deutlich düsterem Geschehen dabei.