LIMBO Review: Reise in die Dunkelheit - pixelmonsters.de
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LIMBO Review

von nEon, 18.12.2011

Mit LIMBO stellen wir Euch das kleine, düstere Meisterwerk etwas genauer vor.

Es ist dunkel, schwarz wie die Nacht und nur die Silhouette des Waldes ist erkennbar. Zwei schwach leuchtende Punkte tauchen in der Mitte dieser großen schwarzen Fläche auf. Langsam richtet sich das schimmernde Licht und aus dem nur zu erahnenden Waldboden erkennen wir langsam die Umrisse eines kleinen Jungen. Der Junge ist namenslos und wir können nur vage erahnen, welches Schicksal ihn in diesen kalten und furchterregenden Wald getrieben hat.

Die beiden leuchtenden Punkte entpuppen sich schnell als Augen. Diese strahlen so hell, dass man diese Augen selbst noch in der tiefsten Dunkelheit erkennen kann. Ab und zu schließt der Junge seine Augen und wir sehen für Sekunden nichts. Genau in diesen Momenten taucht sich Eurer Bildschirm in ein pures Schwarz und Ihr werdet in LIMBO hineingezogen.

Zunächst wirkt die Welt leblos, karg und trist. Nach den ersten Gehminuten bemerkt Ihr jedoch schnell, dass der Wald mit vielen unterschiedlichen Fallen versehen ist. Bald schon tauchen andere Kinder auf, die Euch nicht helfen, sondern aus irgendeinem unbekannten Grund töten möchten. In dem hoch stehenden Gras ist es schwierig die ausliegenden Fallen ausfindig zu machen. Manchmal sind es so einfache Fallen wie zum Beispiel ein Tellereisen (Fangeisen), welches eigentlich zum Jagen von Tieren genutzt wird. Tretet Ihr in eine dieser Fallen geht es oft sehr schnell und die Mechanik der Falle schlägt gnadenlos zu und alles in ihr wird erbarmungslos zermalmt. Hier wirkt LIMBO in der Regel sehr barbarisch und sadistisch. Im späteren Verlauf kommen weitere schwere mechanische Fallen, Elektronik, Sägeblätter und Schalterrätsel hinzu.

LIMBO spielt sich in erster Linie wie ein klassisches 2D Jump’n’Run, in dem die Angst zu sterben in jeder Minute präsent ist. Das Spiel kann aber auch als ein Jump’n’Dead verstanden werden, da Ihr an jeder Ecke mindestens einmal pro Anlauf sterbt.

Gesteuert wird der kleine Junge mittels der Pfeiltasten und Ihr könnt kleinere Gegenstände wie Gesteinsbrocken oder Holzstämme bewegen und verschieben. Hier beschränkt sich Entwickler Playdead auf das Wesentliche. Dies ist auch dringend notwendig, da Ihr oftmals vor unüberwindbaren Abgründen steht und diese überwunden werden müssen. Besonders grotesk wird es, wenn Ihr andere Kinderleichen in eine Falle werfen müsst, um diese auszulösen.

Es gibt weitere makabere Situationen in denen sich Euch ein Wurm in den Kopf einpflanzt und mit dem Ihr dann bewegungsunfähig seit. Diese Starre lähmt den Betrachter und oftmals schaute ich wehmütig auf das Geschehen, wenn der kleine Junge widerwillig in eine Kreissäge lief.

Aufgrund seines Spielprinzips gestaltet sich das Gameplay von LIMBO recht einfach. Nach jedem Tod des Jungen blendet für kurze Zeit die Dunkelheit ein. Diese Momente des Todes sind immer die Grausamsten, da sich die Welt nach Eurem Tod einfach weiterdreht und es einfach nur noch Ruhe herrscht. Zum Glück gestaltet Entwickler Playdead das Spiel dabei nicht unfair und setzt Euch bei dem nächsten Versuch wenige Sekunden vor Euren Tod zurück in die Welt und Ihr könnt eurer Können erneut auf die Probe stellen.

In meinen Augen schafft es der dänische Entwickler Playdead einen Hybriden aus Unterhaltung und Kunst zu entwickeln. LIMBO kann darum auch als Kunstprojekt mit unterschiedlichen Interpretationsansätzen verstanden werden. Jedes einzelne Bild und jede Passage bilden in meinen Augen ein kleines Kunstwerk. Hier wird düsterer Expressionismus mit Steampunk vermischt und auf die grafische Ebene (Schwarz und Weiß) heruntergebrochen. Dadurch wirkt das Geschehen oftmals sehr surreal, wie ein Alptraum aus dem Ihr den Jungen mit allen Mitteln aufwecken möchtet. Die Tiefen des Unterbewusstseins sind hierbei genauso unergründlich wie das Schwarz und Weiß der Nacht.

In LIMBO verschmelzen viele unterschiedliche Einflüsse. So kann man zum Beispiel Parallelen zu dem Film und Literaturvorlage “Der Herr der Fliegen” erkennen. Hier lebt eine Gruppe gestrandeter Kinder im Alter von zehn bis zwölf Jahren auf einer verlassenen Insel und alle müssen um ihr Überleben kämpfen. Der Roman beleuchtet die angeborene Gewaltbereitschaft des Menschen, wenn er in eine ausweglose Situation versetzt wird. So ist dies auch in LIMBO der Fall. Ihr müsst in jeder Minute um euer Überleben kämpfen und dafür sind Euch alle Mittel recht. Auch das Fleddern von Leichen. Fritz Lang’s Klassiker “Metropolis” ist in der zweiten Hälfte von LIMBO ein großen Kessel an Inspirationen gewesen. Hier dominieren zum Beispiel Zahnräder, Rohre und Mechanik die Levelarchitektur.

Wenn man sich einmal vergleichbare Titel aus der Videospielgeschichte herauspickt, trifft man schnell auf die ersten beiden Teile der Abe’s Odysee-Serie. Auch hier wird eine ähnlich groteske Atmosphäre geschaffen. Auch Titel wie “Flashback” (1992) und “Another World” (1991) bauen auf einer ähnlich dichten Atmosphäre auf.

LIMBO

Entwickler Playdead
Publisher Playdead
Genre Jump'n'Run
dt. Version gekürzt nein
Release 02.08.2011
System PC
Fazit von nEon

LIMBO ist seit langer Zeit eines der ungewöhnlichsten Spiele, die mir über meinen Bildschirm geflimmert sind. Seinen Siegeszug begann LIMBO im letztem Jahr auf der Xbox 360. Hier war LIMBO zunächst exklusiv über Xbox Live erhältlich und ich bin sehr froh darüber, dass dieses ungewöhnliche Spiel auch auf der PS3 und dem PC veröffentlicht wurde. Allein das Artdesign ist schlichtweg genial und so etwas gab es in dieser Art in Videospielen noch nicht zu sehen.

Besonders hervorheben kann ich die ebenfalls geniale Sounduntermalung. Oftmals sind es kleine Geräusche, die etwas Unheimliches ankündigen. Der Sound trägt einen Großteil zur morbiden und einzigartigen Atmosphäre bei.

Für alle, die LIMBO noch nicht bewegt gesehen haben, kann ich nur sagen, dass das Jump’n'Run ziemlich grausam ist. Trotzdem bietet das Spiel auch unglaublich schöne Momente. Dadurch dass LIMBO lediglich mit seinen Silhouetten spielt, wird der Fantasie des Betrachters freien Lauf gelassen und die Gewaltdarstellung wirkt somit niemals plump.

In meinen Augen machen Videospiele wie LIMBO das Medium erst richtig erwachsen. Ich habe LIMBO wie einen Schwamm aufgesaugt und die Begegnung mit der ersten Spinne hat sich in mein Gedächtnis gebrannt. Auch wenn LIMBO von der Spielzeit her recht kurz ist, ist das Spiel für mich wie die Suche nach dem rechten Weg. Lasst Euch nicht abbringen. Denn jeder sollte diesen Weg einmal gehen.

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