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Ghostrunner II Review: Schöner, schneller sterben im Cyberpunk

von ComancheMan, 31.10.2023

Wie Ghostrunner II mich und meinen Rechner an die Grenzen bringt und darüber hinaus

Während sich spätestens nach dem Cyberpunk 2077: Phantom Liberty Release das Cyberpunk-Genre sich weiter nachhaltig hoher Beliebtheit erfreut, bietet diese auch im Indie oder AA-Bereich Chancen viele neue interessante Gameplay-Sachen auszuprobieren. So auch vor einigen Jahren als Ghostrunner erschien und nun kommt mit Ghostrunner 2 die Fortsetzung, die dort nahtlos anschließt.

Direkt bemerkt man, dass Ghostrunner 2 technisch schon sehr ausgereift ist (es gibt nur einzelne Abstürze) und ein tolles Konzept mitbringt. Doch in der Zugänglichkeit und der Sauberkeit der Programmierung zeigt es in Weiteren oft noch Verbesserungsbedarf. Dennoch kann ein sehr unterhaltsamer Titel sein, den man durchaus seine Chance geben kann, wenn man mal wieder richtig schnelllebig durch eine bunte Neonwelt fighten will.

Im Kern handelt es sich um ein First-Person-Schwertkampf- und Geschicklichkeitsspiel mit viel Nahkampf und einer Menge Jump’n’Run. Die Gegner aber schießen viel mit Allem was die zukünftige Waffenwelt so hergibt. Die Geschichte, aber auch die Levels spielen in einer sehr vertikal aufgebauten Welt, da nach der Apokalypse sich die Menschen in einem Hochhauskomplex angesiedelt haben und ausschließlich diesen bewohnen. Als aufgepimpter Cyberkämpfer schnetzelt man sich in dieser Umgebung nicht nur durch Gegner, sondern vor allen Dingen auch durch komplexe Level-Aufbauten mit mehr Abgründen als Ebenen.
Vom Gameplay kann man sich das eigentlich als First-Person-Version von Hotline Miami in einem Cyberpunk-Setting vorstellen. Denn vergleichbar ist es Konzept des Spiels, dass man ebenso schnell wie man abnippelt, ist man unmittelbar zurückgesetzt zur letzten Ecke und man hat einen neuen Versuch um die Passagen zu bestehen. Dieses Konzept war schon beim ersten Teil als Idee eigentlich hervorragend, innovativ und funktioniert grundsätzlich auch wieder.

Was sich jedoch als echte Herausforderung herausstellt ist dabei die Steuerung mit der First-Person-Perspektive, denn hier ist man natürlich deutlich weniger präzise als in 2D. Und wenn man, so wie ich, lange keine Shooter mehr gespielt hat, dann ist es noch mal extra schwer. Wobei ich aber auch sagen muss, dass ich glaube, dass der Frust, den das Spiel verursacht, einerseits Teil des Designs ist um sich selbst herauszufordern und besser zu werden und andererseits billigend in Kauf genommen wird. Und man erreicht schnell einen Punkt, wo man sich immer mal wieder fragt für welche Zielgruppe dieses Spiel wirklich gebaut und getestet wurde und in welchem Umfang. Denn durch die extreme Schnelligkeit der Fortbewegung mit Sprüngen, Lassos und Dashes und die der Kämpfe verliert man nicht nur Präzision, sondern auch Übersicht regelmäßig. Dann findet man sich schnell in Ecken und Kanten des Levels wieder, aus denen es keinen anderen Ausweg gibt als den Freitod und das ist dann natürlich nicht nur frustriert, sondern schon fast abturnend.

Nun mag es an mir liegen, dass ich den ersten Teil nicht gespielt habe, aber ich glaube doch das sollte nicht zwangsläufig eine Voraussetzung sein oder dass man der Shooter-Experte ist. Hat man sich an dieses Recht hakelige Konzept doch etwas gewöhnt oder stumpft etwas ab, kann man auf jeden Fall allerdings das Leveldesign und das grafische Design von Ghostrunner 2 bewundern, denn dieses ist wirklich herausragend und beeindruckend. Grafisch ist das Spiel nicht nur von einer sehr starken technischen Qualität, die auch ihre hohen Voraussetzungen mit sich bringt, sondern auch beim Design im Cyberpunk-Genre wirklich stark. Im Leveldesign werden immer wieder neue kleine Elemente und Ideen eingeführt, die die Abschnitte über die reinen Kämpfe hinaus interessant halten, so dass fast ein Schnelligkeitsrausch entstehen kann, wenn man dann mit den unnötigen Toden zurechtkommen. Auf sehr hohem Niveau ist ebenfalls die fantastische Musik, die natürlich im Synthwave-Genre angesiedelt ist und mit ihren treibenden Beats einen durch die Level peitscht. Das ist hier wirklich ein Soundtrack, den man sich doch gerne mal nebenbei auf der eigenen Party reinziehen würde.

Ghostrunner 2 ist aber auch ein Titel, bei dem man merkt, falls man zu alt für diese Art von Spielen wird. Und ebenso der vier Jahre gute alte Dell-XPS Gaming-Laptop.
Die technischen Optionen für ältere Maschinen sind wirklich nicht sehr tiefgreifend. Was nützt es mir, wenn das Spiel fantastisch aussieht aber gerade in den Kämpfen, wo es drauf ankommt, nur super ruckelig läuft, selbst in den niedrigsten Settings.

Und die eigene Frustresistenz ist auch Spielkomponente:
Mit zunehmendem Fortschritt und Schwierigkeit im Spiel wird auch der Frust konstant größer. Ständig bleibt man irgendwo hängen, verpasst ein Jump’n’Run-Element im Level oder hat einen Gegner übersehen. Gerne fällt man einfach mal nur so aus Erschöpfung über die Klippe ins Nirgendwo. Um dann Spaß zu haben muss man schon eine Art kleiner Masochist sein. Während bei Hotline Miami noch die grafische Repräsentation etwas wirklich Besonderes war und insbesondere auch die Musik für sich selbst stand, reichen solche Punkte bei Ghostrunner 2 leider nicht ganz aus. Ja, es ist auch blutig und die Musik ist Knaller, aber man kommt eigentlich kaum wirklich in einen echten Flow. Egal ob man sich erstmal orientieren muss, sich Stück für Stück von Gegner zu Gegner weiterrätselt oder weil man immer wieder irgendeine Taste falsch gedrückt hat und stirbt.
Auch die Rätsel sind in ihrer Tiefe eigentlich für ein schnelllebiges Spiel relativ nett, jedoch nicht wirklich komplex. Da haben Portal und andere doch schon Besseres zu bieten. Aber hier soll es ja auch mehr um Geschwindigkeit gehen, auf der anderen Seite sind die Rätsel als Interaktionselemente dafür aber wieder so verteilt, so dass man eigentlich nicht in diesen Geschwindigkeitsflow kommen kann.

Ghostrunner 2 Trailer

Fazit von ComancheMan

Ghostrunner 2 bringt eigentlich viel mit, was mir gefallen sollte. Das toll gestaltete Cyberpunk-Setting, eine abgedrehte Science-Fiction-Story, viel Konfigurationsmöglichkeiten des Charakters (für ein Actionspiel), tolle Grafik, geile treibende Technomusik und ein herausforderndes Gameplay. Dennoch konnte mich das Spiel nicht mehr wirklich begeistern. Vielleicht liegt es daran, dass man dieses Konzept schon in ähnlicher Form präziser gesehen hat wie z.b beim kommenden Anger Foot, auch wenn der Vergleich hinkt. Vielleicht liegt meine Frusttoleranz nach all den Jahren zocken irgendwie einfach auch woanders und ich habe mich zu anderen Genres entwickelt. Vielleicht braucht es auch einfach noch ein bisschen Feinschliff um, erstens auf schlechteren Maschinen gut zu laufen, und dann vielleicht auch noch ein paar Hilfen anzubieten für Spieler, die es nicht ganz so hart wollen. Aber so ist nun mal das Konzept von Ghost Runner 2. Damit kann man sich abfinden, nach dem Motto Renn oder stirb. Oder man lässt es liegen und ich glaube für viele nicht so sehr Hardcore-Spieler oder Leute über 30, die einfach auch nur entspannt zocken wollen, dürfte das der Fall sein.
Das ist zwar schade, dennoch ist es kein schlechtes Spiel. Ich denke es wird eine kleine Gruppe begeisterter Hardcore-Gamer in seiner Zielgruppe finden. Freunde der schnellen Schnetzelei, der Speed-Fortbewegung und einer dunklen Sci-Fi-Cyberpunk-Welt werden hier sicherlich trotzdem viel Spaß dran finden. Für mich war es dennoch nicht ganz das Richtige.

7.5